Berufsgericht begründet Urteil |
30.04.2012 18:38 Uhr |
Von Daniel Rücker / Ein Apothekenleiter darf sich nur von einem bei ihm angestellten Kollegen vertreten lassen, entschied das Berufsgericht München im März. Jetzt hat es die Urteilsgründe veröffentlicht.
Lässt sich ein Apothekenleiter etwa während des Urlaubs von einem selbstständigen Apotheker vertreten, so ist dies ein Verstoß gegen das Apothekengesetz und die Apothekenbetriebsordnung. Zu diesem Schluss kommt das Berufsgericht für Heilberufe beim Landgericht München I (Az: BG – Ap 15/10). Die Bayerische Landesapothekerkammer hatte gegen eine Apothekerin geklagt, die als Geschäftsführerin einer Firma Chef-Vertretungen auf freiberuflicher Basis angeboten hatte und dafür im Internet warb.
Ein Chef-Vertreter braucht Autorität und Weisungsbefugnis. Deshalb muss er in der Apotheke angestellt sein.
Foto: PZ/Müller
Das Gericht gab der Kammer in vollem Umfang Recht. Nach Paragraf 7 Apothekengesetz müsse der Chef einer Apotheke diese in persönlicher Verantwortung leiten, argumentieren die Berufsrichter. Er habe die Gesamtverantwortung für seine Apotheke. Dies diene dem Wohl der Bevölkerung, weil der Apotheker als freier Heilberuf für die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zuständig sei und er persönlich dafür hafte.
In der Apothekenbetriebsordnung sei geregelt, dass der Inhaber der Betriebserlaubnis auch der Leiter der Apotheke sein müsse und dass die Leitung persönlich erfolgen müsse. Die Apothekenbetriebsordnung schreibe auch vor, dass der Apothekenleiter sich bei Abwesenheit von einem anderen Apotheker vertreten lassen muss. Länger als drei Monate dürfe er aber nicht abwesend sein. Für einen Vertreter sei also grundsätzlich nur die vorübergehende Leitung einer Apotheke möglich.
Einflussmöglichkeiten sind begrenzt
Daraus leitet das Gericht ab, dass der Apothekenleiter die Verantwortung für die Abgabe von Arzneimitteln in seiner Apotheke alleine trägt. Wenn er abwesend ist, kann sein Vertreter zwar diese Verantwortung zwischenzeitlich übernehmen. Er könne aber zwangsläufig nicht selbstständig tätig werden, weil er bei Arbeitszeiten, Öffnungszeiten oder der Gestaltung von Arbeitsverträgen immer an die Vorgaben des Apothekenleiters gebunden sei.
Die Anstellung eines Vertreters in freier Mitarbeit würde deshalb nach der Auffassung der Berufsrichter den apothekenrechtlichen Regelungen widersprechen. Ein freier Mitarbeiter unterliege nicht den persönlichen Weisungen des Apothekenleiters. Zudem könnten freie Mitarbeiter selbst über Umfang und Inhalt ihrer Tätigkeit entscheiden. Dies sei in diesem Fall jedoch nicht denkbar, weil die Apotheke wegen gesetzlicher Bestimmungen während der gesetzlichen Öffnungszeiten mit einem Leiter besetzt sein müsse. Auch habe ein selbstständiger Vertreter wegen seiner eingeschränkten Kompetenzen keine ausreichende Weisungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern einer Apotheke. Der selbstständige Vertreter sei also nicht ausreichend in den Apothekenbetrieb eingebunden, um ihn tatsächlich umfassend leiten zu können.
Die Richter sehen in ihrer Entscheidung keinen Verstoß gegen die in Artikel 12 des Grundgesetzes festgesetzte Freiheit der Berufsausübung. Es stehe jedem selbstständigen Vertreter offen, sich für die Zeit der Vertretung anstellen zu lassen. Die Beklagte habe auch nicht ausreichend erklären können, warum sie zwingend auf eine selbstständige Tätigkeit angewiesen sei. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters, ob finanzielle Erwägungen ein Grund dafür seien, habe sie keine befriedigende Antwort gegeben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Apothekerin hat angekündigt, in die Berufung zu gehen. /