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Bakterien gegen Depression

27.04.2007  17:21 Uhr

Bakterien gegen Depression

Von Daniela Biermann

 

Bakterien können Menschen glücklich machen. Diesen erstaunlichen Zusammenhang entdeckten britische Forscher per Zufall: Nach Impfung mit Mykobakterium vaccae stieg der Zytokinspiegel, infolgedessen vermehrt das »Glückshormon« Serotonin ausgeschüttet wird.

 

Bakterien lösen beim Menschen eine Immunantwort aus. So ist schon länger bekannt, dass abgetötete Mikroben der Art Mykobakterium vaccae das menschliche Abwehrsystem stärken können. Daher verabreichte die Onkologin Mary O'Brien vom Royal Marsden Hospital in London Lungenkrebspatienten diese abgetöteten Bakterien. Zwar stoppte nicht wie erhofft das Tumorwachstum, doch verbesserten sich die kognitiven Funktionen der Patienten und ihre Stimmungslage deutlich.

 

Auf diese Ergebnisse wurden Chris Lowry und seine Kollegen von der Universität Bristol aufmerksam. Um den Zusammenhang besser zu verstehen, führten die Neurowissenschaftler Experimente mit Mäusen durch, deren Ergebnisse sie kürzlich im Fachmagazin »Neuroscience« veröffentlichten (Band 146, Seite 756 bis 772). Dazu spritzten die Forscher den Mäusen abgetötete M. vaccae unter die Haut und beobachteten, dass die Stressreaktion der geimpften Tiere deutlich abnahm. Als sie die Gehirne der Mäuse genauer untersuchten, stellten sie erhöhte Zytokinkonzentrationen fest. Lowry und sein Team zeigten erstmals, dass diese Immunmodulatoren bestimmte Neurone im Nucleus raphe dorsalis aktivieren. Die Nervenzellen schütten daraufhin Serotonin aus, das ins limbische System gelangt. Herrscht hier ein Mangel an Serotonin, äußert sich das beim Menschen als Depression. Insofern liegt die Vermutung nahe, dass mithilfe einer  Impfung Depressionen therapiert werden könnten.

 

Des Weiteren liefern die Forschungsergebnisse eine neue Hypothese, warum die Zahl der Depressionen immer weiter ansteigt. So verhindert eine übertriebene Hygiene im Kindesalter, dass sich das Immunsystem mit Keimen auseinandersetzt und »trainiert« wird. Asthma, Allergien und möglicherweise auch Depressionen treten infolge häufiger auf.

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