200 Millionen Euro für Robin Hood |
02.05.2007 09:29 Uhr |
200 Millionen Euro für Robin Hood
Von Thomas Bellartz
DocMorris ist seinen Robin-Hood-Status wohl entgültig los: Die Celesio AG hat mehr als 90 Prozent der Unternehmensanteile gekauft.
Hurtig und unverhofft kam der Wechsel des einstigen Sunnyboys der deutschen Gesundheitspolitik hin zum integralen Bestandteil des Milliarden-schweren Celesio-Konzerns. Auch wenn Ralf Däinghaus seine Minderheitsanteil an DocMorris behält, gehört das Unternehmen doch nun zum Verbund des größten europäischen Pharmahändlers Celesio.
Während der Hauptversammlung und in einem anschließenden Pressegespräch ließen Däinghaus und insbesondere Celesio-Vorstandschef Dr. Fritz Oesterle wissen, warum es zu dem Deal gekommen sei. Während Däinghaus weiterhin davon spricht, man habe in Celesio nun einen geeigneten Partner gefunden - und dabei die Akqusition weitgehend ausblendet - , ist Oesterle seit dem vergangenen Donnerstag deutlicher geworden. Übrigens auch deutlicher als im PZ-Interview vor einigen Wochen, in dessen Verlauf er durchaus Veränderungen ankündigte.
Man habe sich DocMorris einverleibt - gesprochen wird von einem Kaufpreis in Höhe von rund 200 Millionen Euro - , weil man der Ansicht sei, dass die Liberalisierung des deutschen Apothekenmarktes bevorstehe und diese von Juristen eingeleitet werde - und nicht von der Politik. Das Unternehmen DocMorris soll betrieben werden wie bisher, Däinghaus und seine Vorstandsmitarbeiter sind nicht nur weiterhin beteiligt, sondern wollen auch die Expansion der Markenpartnerschaften mit Apotheken vorantreiben. Das Ziel, 100 Apotheken in 2007, werde man locker nehmen, hieß es in Stuttgart.
Auf PZ-Nachfrage hieß es in der Celesio-Zentrale, dass nicht geplant sei, die bisherigen Abläufe bei DocMorris zu verändern. das betreffe auch die laufenden Verfahren, zum Beispiel auch betreffend der Legalität der von DocMorris betriebenen Apotheke in Saarbrücken.
Die Börse feierte zunächst nicht nur Celesios gute Zahlen - die bereits mit den steigenden Kursen der vergangenen Monate als vorweggenommen galten - , sondern insbesondere die Ankündigung des DocMorris-Deals. Der Kurs explodierte förmlich auf ein Allzeithoch, die Marktkapitalisierung betrug zeitweise mehr als 9 Milliarden Euro. Allerdings gab es in der Folge Gewinnmitnahmen. Der Kurs wird sich wieder auf sein »altes Niveau« einpendeln, hieß es. Dafür dürfte auch manch besonnene Kommentierung verantwortlich zeichnen. So schrieb das Handelsblatt, es sei riskant die Kunden zu vergrätzen à la Celesio, auch wenn die Margen im Einzelhandel attraktiver seien als im Großhandel.
In Briefen an die Apothekenkunden verteidigte das Management den DocMorris-Kauf, in Schreiben an Bundestagsabgeordnete bemühte man sich um eine politische Liberalisierungslösung. Es scheint, als wolle Celesio auch in den kommenden Monaten weitrehin das Lioberalisierungsrad drehen. Die Branche reagierte zwar überrascht von dem DocMorris-Deal, will aber die Chance nutzen und die enttäuschten Celesio/Gehe-Kunden auffangen. Und: Trotz des Deals sind Apothekenketten in Deutschland weiterhin verboten.