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Cannabis als Medizin

Regierung gegen Eigenanbau

15.04.2015  10:02 Uhr

Von Ev Tebroke / Die Bundesregierung will auch in Ausnahme­fällen keinen Eigenanbau von Cannabis als Medizin zulassen. Das verdeutlicht sie in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Linken. Durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln unter Zugzwang gesetzt, will sie aber die Bedingungen anpassen, um Patienten die medizinische Nutzung der Droge zu erleichtern.

Die Regierung hält es »aus pharmazeutischer und medizinischer Sicht nicht für vertretbar«, dass sich Patienten mit »im eigenen Umfeld selbst hergestellten Arzneimitteln unbekannter Qualität selbst therapieren«. Darauf weist sie in ihrer Antwort auf die Anfrage der Linken hin. »Im Gegensatz zu Medizinal-Cannabisblüten genügen selbst angebaute Cannabisprodukte keinerlei Qualitätskriterien«, heißt es. Eine Schädigung des Patienten sei nicht auszuschließen, ferner sei die ärztliche Begleitung der Selbsttherapie stark erschwert.

 

Auch eine Anpassung des Strafrechts, um den Erwerb von Cannabis zur Selbsttherapie künftig straffrei zu stellen, hält die Bundesregierung nicht für erforderlich. Schon jetzt könne die Staatsanwaltschaft von einer Strafverfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen ist und er das Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, heißt es.

 

Hintergrund der Anfrage ist die Debatte über den Einsatz von Cannabis bei der Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen aufgrund eines Urteils des Verwaltungsgerichts (VG) Köln. Dieses hatte im Juli 2014 entschieden, dass schwerkranke Patienten Cannabis zum therapeutischen Eigenbedarf selbst anbauen dürfen, vorausgesetzt herkömmliche Arzneimittel helfen nicht und die Patienten können sich Cannabis aus der Apotheke nicht leisten.

 

Geschickter Schachzug

 

Die Bundesregierung hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Einen künftig womöglich legalen Eigenanbau von Cannabis will sie erwartungsgemäß verhindern. Gleichzeitig kündigte sie ein Gesetzesvorhaben an, um die Hürden für die Nutzung von Cannabis als Medikament zu senken. So sollen etwa die durch die Behandlung anfallenden Kosten künftig von den Kassen übernommen werden. Ein geschickter Schachzug: Sollte das Kölner Urteil rechtskräftig werden, wären die darin formulierten Kriterien für einen legalen Eigenanbau dann nicht mehr gegeben. Denn »nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung können erstattungsfähige cannabishaltige Arzneimittel eine verfügbare Therapiealternative darstellen«, so die Bundesregierung.

 

Bislang können schwerkranke Patienten für die Anwendung von Cannabis als Medizin eine Ausnahmeerlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beantragen. Damit ist es ihnen möglich, Medizinalhanf oder Cannabisextrakt in einer ärztlich begleiteten Selbsttherapie zu erhalten.

 

Die Medizinal-Cannabisblüten werden von Apotheken über den pharmazeutischen Großhandel aus den Niederlanden bezogen. Ärzte können hierzulande zudem das Cannabis-haltige Fertigarzneimittel Sativex® verschreiben oder den Cannabis-Wirkstoff Dronabinol, der als individuelle Rezeptur von einer Apotheke verarbeitet wird. Nach Angaben der Regierung gibt es auch die Möglichkeit, über den sogenannten Einzelimport Arzneimittel mit Dronabinol über eine Apotheke zu beziehen.

 

Die Kosten für eine Selbsttherapie mit Cannabis müssen die Patienten bislang in der Regel selber tragen. Und das ist teuer: Neben der Antragsgebühr beim BfArM von einmalig 150 Euro (ermäßigt 75 Euro) liegen die Kosten für eine monatliche Therapie mit Dronabinol (10 mg/Tag) je nach Darreichungsform zwischen 250 Euro und 720 Euro. /

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