Pharmazeutische Zeitung online
Pflegevorsorgefonds

Regierung will 20 Jahre lang sparen

16.04.2014  09:30 Uhr

Von Stephanie Schersch / Die Große Koalition will 2015 die erste Stufe ihrer Pflegereform einführen. Ein Vorsorgefonds soll dann erstmals Geld für die Zukunft ansparen. Ab 2035 könnten diese Mittel zum Einsatz kommen, um steigende Kosten zu dämpfen.

Wie genau der Fonds abgewickelt werden soll, regelt ein Referentenentwurf aus dem Bundesministerium für Gesundheit. Ab Mitte April 2015 sollen demnach Mittel in den Fonds fließen, die letzte Zahlung ist für das Jahr 2033 geplant. 2035 könnte die Rücklage dann erstmals angebrochen werden, um steigende Beiträge zu verhindern, wie aus dem Papier hervorgeht, das der Pharmazeutischen Zeitung vorliegt.

 

Den geplanten Ansparzeitraum von zwanzig Jahren begründet die Bundesregierung mit Verweis auf die geburtenstarken Jahrgänge 1959 bis 1967. »Im Jahr 2034 erreicht der erste Jahrgang das 75. Lebensjahr, nach dem die Wahrscheinlichkeit pflegebedürftig zu sein, deutlich ansteigt«, heißt es in dem Entwurf. In der Folge steige die Gefahr von Beitragssteigerungen, die über den Fonds abgemildert werden sollen. Etwa 20 Jahre später sei ein Großteil der geburtenstarken Jahrgänge dann bereits verstorben und die schwächer besetzten Jahrgänge nach 1967 rückten in das Pflegealter vor.

 

Ein neues Kapitel

 

Für CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn öffnet sich mit dem Vorsorgefonds ein »neues Kapitel des Generationenvertrags«. Er schütze die Jungen vor zu hohen Beitragssteigerungen und künftige Pflegebedürftige vor Leistungskürzungen, so Spahn. Die SPD kann diese Euphorie nicht teilen. Sie hatte ursprünglich versucht, den Fonds zu verhindern, musste ihn im Rahmen der Koalitionsverhandlungen letztlich aber zähneknirschend hinnehmen.

 

Zur Finanzierung der Pflegereform steigen die Beiträge um 0,3 Prozentpunkte. Allein im Jahr 2015 soll das 3,63 Milliarden Euro zusätzlich in die Pflegekassen spülen. Ein Drittel davon fließt in den Vorsorgefonds, die restlichen rund 2,4 Milliarden Euro sind für verbesserte Leistungen vorgesehen. So sollen die Beträge aus der Pflegeversicherung um 4 Prozent steigen, um die Anpassung an die Preisentwicklung aus den vergangenen drei Jahren nachzuholen.

 

Für pflegende Angehörige soll es darüber hinaus mehr Entlastung geben. Sie sollen sich bei Bedarf künftig einfacher eine Auszeit nehmen und ihre Verwandten etwa vorübergehend in einem Heim betreuen lassen können. In der stationären Pflege sollen mehr Betreuungskräfte zum Einsatz kommen. Künftig soll jede Kraft nur noch für 20 Patienten zuständig sein, heute liegt diese Grenze bei 24 Personen.

 

Bis zum Jahr 2017 soll dann die zweite Stufe der Pflegereform folgen. Ihr Kernstück ist ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff, der festlegt, wer unter welchen Umständen Anspruch auf welche Leistungen hat. Mit einer solchen Neudefinition ringt die Politik bereits seit Jahren. Der neue Begriff muss vor allem den Bedürfnissen Demenzkranker besser gerecht werden, deren Zahl stetig steigt. Heute gelten vor allem Menschen mit körperlichen Gebrechen als pflegebedürftig. Geistige Einschränkungen finden hingegen kaum Berücksichtigung. Bei der Zuteilung von Pflegeleistungen fallen Demenzpatienten daher bislang häufig durchs Raster.

 

Fünf statt drei Pflegestufen

 

Einen Entwurf für den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff gibt es bereits. Demnach könnten die bislang geltenden drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzt werden. In zwei Modellprojekten werden die Auswirkungen einer solchen Änderung auf die Versorgung nun zunächst erprobt. Anfang 2015 sollen die Ergebnisse dieser Prüfung vorliegen, dann könnten die konkreten gesetzgeberischen Arbeiten zur Einführung des neuen Begriffs beginnen. /

Von Anna Pannen / Ab 1. Oktober werden frisch aus dem Krankenhaus entlassene Patienten Apotheken häufig mit einem Rezept von einem Klinikarzt aufsuchen – an diesem Tag wird der sogenannte Rahmenvertrag zum Entlassmanagement in Kraft treten.

 

Darauf haben sich Kliniken, Ärzte und Kassen jetzt geeinigt. Das Entlassmanagement wurde 2015 mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz eingeführt und sollte eigentlich schon 2016 beginnen. Die drei Parteien hatten jedoch lange über Details gestritten.

 

Ursprünglich hatte das Papier vorgesehen, dass Klinikärzte mit jedem Patienten vor dessen Entlassung ein Gespräch führen müssen. Bei Bedarf sollten sie ihm Medikamente für die erste Zeit nach der Entlassung verschreiben, einen Medikationsplan erstellen und gemeinsam Fragebögen ausfüllen. Den Klinikärzten war das alles zu viel Aufwand. Sie kritisierten auch die bürokratischen Vorgaben, unter anderem sollten sie nämlich eine lebenslange Arztnummer (LANR) beantragen, wie sie niedergelassene Ärzte besitzen.

 

Dieser Plan ist nun vom Tisch. Ab Januar sollen Klinikärzte stattdessen eine eigene sogenannte Krankenhausarztnummer bekommen. Bis dahin dürfen sie Rezepte und andere Papiere übergangsweise anonymisiert abzeichnen: Statt der LANR geben sie die siebenstellige Nummer 7777777 ein, an achter und neunter Stelle ergänzt die Klinik einen Fachgruppencode. Für Apotheker dürfte es so vorerst schwierig bleiben, den verschreibenden Klinikarzt für Rückfragen zu erreichen.

 

Außerdem müssen Ärzte das Entlassmanagement nun nicht mehr jedem Patienten anbieten. Stelle der Mediziner nämlich fest, dass sein Patient gar keine Anschlussversorgung braucht, könne er auf diesen Punkt verzichten, heißt es in der Änderungsvereinbarung zum Rahmenvertrag. Außerdem ist dort nun festgeschrieben, dass nicht jeder Krankenhausarzt Medikamente verordnen darf, sondern nur jene, die eine entsprechende Facharzt-Weiterbildung vorweisen können. /

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