Selbst messen, aber korrekt |
16.04.2013 16:03 Uhr |
Von Brigitte M. Gensthaler, München / Viele Patienten mit Hypertonie messen ihren Blutdruck selbst und überprüfen damit den Therapieerfolg. Zudem gibt die Selbstmessung dem Arzt wichtige Hinweise bei der Erstdiagnose. Allerdings nur, wenn der Patient korrekt misst. Die Apotheke kann ihn dabei unterstützen.
Etwa die Hälfte der Menschen über 55 Jahre hat einen erhöhten Blutdruck – oft ohne es zu wissen. Während bei Jüngeren häufig der diastolische Druck erhöht ist, steige bei Älteren eher der systolische Wert an, berichtete Professor Dr. Wolfram Delius bei einem Presseworkshop von Omron Medizintechnik in München. Infolge der verminderten Elastizität und Versteifung der Arterien könne es bei Senioren auch zur isolierten systolischen Hypertonie kommen. Als Hypertonie definierte der Münchner Kardiologe Blutdruckwerte über 140/90 mmHg. Ab 130/85 mmHg spricht man von hoch normalen Werten.
Die Selbstmessung des Blutdrucks zuhause ist eine wichtige Maßnahme für Patienten, um die Zielwerte zu erreichen.
Foto: Fotolia/Sven Hoppe
Delius empfahl, im Sitzen zunächst an beiden Oberarmen – zweimal im Abstand von einer bis zwei Minuten – und danach immer am Arm mit den höheren Werten zu messen. Unterschiede von bis zu 10 mmHg zwischen den beiden Armen seien tolerabel. Bei Unterschieden ab 20 mmHg müsse der Patient zum Angiologen. Bei Senioren, die an Diabetes mellitus leiden, sollte der Arzt im Stehen und im Liegen messen, erklärte Delius. Denn manche Patienten hätten im Liegen einen Hochdruck, beim Stehen aber falle der Blutdruck rapide ab. Bei dieser posturalen Hypotonie (»Haltungshypotonie«) handelt es sich um eine Regulationsstörungen aufgrund von Schäden am sympathischen Nervensystem.
Abweichende Werte
Nicht immer gibt der in der Arztpraxis erhobene Messwert die richtige Information. Delius wies auf die versteckte (maskierte) Hypertonie hin: In der Praxis haben die Patienten einen normalen Blutdruck, zu Hause oder bei Stress steigt der Druck pathologisch an. Dies könne mittels 24-Stunden-Messung oder Selbstmessung erkannt werden. Deutlich häufiger als die versteckte Form ist die »Weißkittelhypertonie«: Bei etwa jedem fünften Patienten sind die Druckwerte in der Arztpraxis erhöht, im Alltag aber normal. Misst der Patient selbst seinen Blutdruck, wird das Phänomen offensichtlich. Zur Primärdiagnose einer Hypertonie sollte der Blutdruck über mehrere Tage zweimal täglich gemessen und protokolliert werden. Ist der Druck stabil eingestellt, reiche die Messung zweimal pro Woche, sagte Delius. Misst der Patient selbst, soll er dies morgens vor der Tabletteneinnahme tun, denn dann ist der Blutdruck am höchsten. Bei Bedarf kann er die Messung abends wiederholen.
Beratung in der Apotheke
Hypertoniker, die ihren Blutdruck selbst überprüfen, sind oft besser eingestellt als Patienten, die dies nicht tun. »Je besser ein Patient über seine Erkrankung informiert ist, umso besser sind meist seine Blutdruckwerte«, sagte Apotheker Kim-Oliver Schneider, Filialleiter in München. Die Beratung und Betreuung in der Apotheke trage wesentlich zur korrekten Selbstmessung bei. Schneider plädierte dafür, dem Kunden das Messgerät in der Apotheke nicht nur zu erklären, sondern ihn auch selbst messen zu lassen. Dann könne das Apothekenteam Fehler erkennen und korrigieren. Das bestätigte Delius: »Die richtige Beratung ist ganz wichtig für die richtige Messtechnik.«
Häufige Fehler bei Oberarmmessgeräten sind beispielsweise, dass die Manschette zu locker oder falsch sitzt oder der Patient sie über Pullover oder Sakko streift. Bei Handgelenksgeräten ist die richtige Haltung des Arms wichtig: Am besten stützt man den Ellenbogen auf einen Tisch und hält das Handgelenk in Herzhöhe, erklärte der Apotheker. Hängt der Arm nach unten, sind die Messwerte zu hoch; streckt man den Arm nach oben, sinken die Werte. Handgelenkgeräte eignen sich nicht für Patienten mit unregelmäßigem Puls oder Vorhofflimmern.
Neben der Erklärung der Messtechnik könne man im Gespräch in der Apotheke auch Complianceprobleme, Therapiefehler, falsche Erwartungen oder Nichtwissen des Patienten erkennen und ansprechen, sagte Schneider. Dem Argument der Zeitnot trat er entschieden entgegen: Eine Blutdruck-Erstberatung dauere in der Regel nur fünf bis zehn Minuten. Schneider bietet auch einen Wartungsservice für Blutdruckmessgeräte an und veranstaltet Messtage. Er setzt auf Kommunikation. »Wir sind kein Schnäppchenmarkt und kein Versender, sondern profilieren uns über gute Beratung. Wir wollen zufriedene Kunden, die uns treu bleiben und uns weiterempfehlen.« /