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Alchemie

Magie trifft Wissenschaft

11.04.2017  15:51 Uhr

Von Annette Mende, Berlin / Philosophie, Chemie, Pharmakologie und eine große Portion Magie: Aus diesen Elementen setzt sich die faszinierende Strömung der Alchemie zusammen. In Berlin ist dem im Mittelalter als Große Kunst (ars magna) bezeichneten Phänomen jetzt eine Ausstellung gewidmet.

Was genau ist Alchemie? Diese Frage ist erstaunlich schwierig zu beantworten. Klar ist: Alchemie ist mehr als der Versuch, aus unedlen Metallen Gold zu machen. Diesen auch als Chrysopoeia bezeichneten Prozess versuchten zwar über die Jahrhunderte zahlreiche Schüler beziehungsweise Adepten der Alchemie – erfolglos – zustande zu bringen. 

 

Die Erringung von Reichtum war dabei aber höchstens ein untergeordnetes Ziel. Was die Adepten antrieb, war vielmehr der Wunsch, die Entstehung der Natur und der Materie zu verstehen und nachzuvollziehen. Ein Grund­bedürfnis auch heutiger Menschen, wie Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, bei der Eröffnung der Ausstellung im Kulturforum am Potsdamer Platz sagte.

 

»Man hatte beobachtet, wie Leben zerfällt, und dachte: Irgendwie muss dieser Prozess umkehrbar sein, muss aus sogenannten niedrigen Materialien Leben entstehen können«, erklärte Eissenhauer. In ihrer Suche nach grundlegenden Zusammenhängen und dem Versuch, die Natur zu imitieren und möglichst zu übertreffen, gingen die Adepten dabei aus damaliger Sicht durchaus rational vor. »Zu dem Obskuren, als das die Alchemie heute vielfach gesehen wird, wurde sie erst mit dem Aufkommen der Naturwissenschaften im 18. Jahrhundert«, sagte Eissenhauer.

 

Vermutlich kann die Menschheit von Glück sagen, dass die allermeisten dieser alchemistischen Experimente schiefgingen. Andere hatten nicht das erhoffte Ergebnis, brachten aber Nützliches hervor, zum Beispiel Porzellan, Goldrubinglas oder Phosphor. Letzteres entdeckte der deutsche Alchemist und Apotheker Hennig Brand im 17. Jahrhundert, als er Urin eindampfte und feststellte, dass der Rückstand im Dunkeln leuchtete.

 

Die Alchemie in der Kunst

Dinge zu verändern, dabei teilweise womöglich zu zerstören und wieder neu zu schaffen, ist auch ein Kennzeichen künstlerischen Schaffens. Die Berliner Ausstellung zeigt daher anhand der 230 ausgestellten Objekte nicht nur, was die Alchemie an sich ausmachte, sondern auch, wie sich alchemistische Ansätze bis heute in der Kunst wiederfinden.

 

»Schon seit der Antike gibt es eine enge Verbindung zwischen Alchemie und Kunst«, sagte Ausstellungskurator Jörg Völlnagel. Der römische Götter­bote Merkur, der dem griechischen Hermes entspricht, war der Schutz­patron der Alchemie. Aus der literarischen Verschmelzung von ihm und dem ägyptischen Gott Thot ging die mythische Figur des Gelehrten Hermes Trismegisthos hervor, der »dreimal größte Hermes«. Er wurde als Urvater der Alchemisten und Verfasser einflussreicher Schriften verehrt.

 

China und Arabien

Auch außerhalb des Mittelmeerraums gab es alchemistische Traditionen, etwa im alten China, wo man Wissenschaft und Spiritualität miteinander verband sowie Medizin und Meditation integrierte. In Arabien lehrte der Alchemist Dschabir ibn Hayyan, dass Schwefel und Quecksilber zusammen im richtigen Mischungsverhältnis das Elixier oder den Stein der Weisen ergeben. Die Schwefel-Quecksilber-Theorie führte zu der Vorstellung einer zweipoligen Schöpfung, deren absolute Ausgewogenheit paradiesische Zustände bedingt. Die Harmonie herzustellen, war Aufgabe des Adepten.

 

Auch wenn einige Vorstellungen der Alchemisten heute kurios anmuten, so sind doch das Bedürfnis nach dem Verstehen größerer Zusammenhänge und die Bereitschaft, hinter wissenschaft­lichen harten Fakten eine spirituelle Dimension zu suchen, bei vielen Menschen ungebrochen. Das belegt die Erfahrung aus Los Angeles, wo die Ausstellung zur Alchemie zuerst gezeigt wurde und der Besucherandrang teilweise die Kapazitäten überstieg. In Berlin können Interessierte sie bis 23. Juli 2017 besuchen. /

Alchemie. Die große Kunst

Kulturformum Berlin 

Matthäikirchplatz

 

6. April bis 23. Juli 2017

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