Spekulationen schaden psychisch Kranken |
08.04.2015 10:24 Uhr |
Von Daniel Rücker / Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) kritisiert die aktuelle Diskussion um die Erkrankung des Kopiloten, der mutmaßlich den Airbus 320 über Südfrankreich hat abstürzen lassen.
Die Vermutung, dass eine Depression Einfluss auf die Tat hatte, sei reine Spekulation. Stattdessen könnten auch belastende Lebensumstände, übermäßiger Ehrgeiz oder mangelndes Selbstwertgefühl das Handeln beeinflusst haben. Für eine Diagnose fehlten wichtige Informationen über die Lebensgeschichte des Kopiloten, über seine Persönlichkeitsentwicklung sowie Symptomatik und Therapie.
Menschen mit einer Depression handelten anders als der Kopilot es tat, so die DGPPN. Ein erweiterter Suizid beziehe fast immer ausschließlich Bezugspersonen mit ein, keine Fremden. Es sei international nur ein Fall bekannt, in dem ein Pilot in suizidaler Absicht ein Passagierflugzeug abstürzen ließ.
Die DGPPN sorgt sich, dass psychisch kranke Menschen von der Gesellschaft als gefährlich angesehen werden. Als Konsequenz daraus könnten sie versuchen, ihre Erkrankung zu verbergen und noch seltener als bislang ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nach DGPPN-Angaben geht heute nur jeder zweite psychisch Kranke zum Arzt.
Die Psychiater warnen davor, die ärztliche Schweigepflicht infrage zu stellen. Forderungen aus der Politik nach einer Lockerung bei Patienten in verantwortungsvollen Positionen seien unsinnig. Schon heute seien Ärzte von der Schweigepflicht entbunden, wenn das Leben anderer Menschen in Gefahr sei. /