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Mammografie-Screening

Brustkrebs doch zu häufig diagnostiziert?

10.04.2012  14:41 Uhr

Von Maria Pues / Manche Tumore der Brust wachsen schnell, manche langsam und manche praktisch gar nicht. Die Momentaufnahme einer Mammografie kann jedoch keine Unterscheidung liefern, und so stellen Wissenschaftler die Frage, in welchem Ausmaß Frauen bei Untersuchung und Behandlung unnötigen Belastungen durch Strahlen und gegebenenfalls durch Chemotherapie oder Operationen ausgesetzt werden.

Nachdem erst kürzlich eine niederländische Studie dem Mammografie-Screening ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis attestiert hatte, kommen jetzt die Autoren einer norwegischen Studie in den »Annals of Internal Medicine« (2012; 156: 491-499) zu einer anderen Bewertung. Sie schätzen das Risiko einer möglichen Überdiag­nose auf 15 bis 25 Prozent. Umgerechnet bedeutet dies sechs bis zehn Fehleinschätzungen pro 2500 eingeladene Frauen.

 

»Die Mammografie ist möglicherweise nicht für den Einsatz im Brustkrebs-Screening geeignet, weil sie nicht zwischen progressiven und nicht-progressiven Krebserkrankungen unterscheiden kann«, lautet daher das Fazit der leitenden Autorin Mette Kalager, die derzeit an der New Harvard School of Public Health in Boston (USA) forscht. Radiologen würden ausgebildet, um auch den kleinsten Tumor zu erkennen. Für Frauen, deren Brusttumor niemals zu Symptomen oder gar zum Tod führen würde, könne dies jedoch zum Prob­lem werden. Frauen sollten daher nicht nur über den Nutzen der Mammografie informiert sein, sondern auch über mögliche Konsequenzen einer – möglicherweise falsch positiven – Diagnose wie psychische Folgen, Biopsien oder Strahlen- und Chemotherapien.

 

Die Wissenschaftler hatten Daten des norwegischen Mammografie-Screenings von 1996 bis 2005 aus­gewertet, das dort schrittweise eingeführt worden war. Sie verglichen die Zahl der Brustkrebsdiagnosen in Bezirken mit und ohne Screening. Insgesamt knapp 40 000 Brustkrebs-Diagnosen wurden gestellt, davon fast 7800 nach dem Start des Screenings. Wider Erwarten fand sich keine Abnahme von Diagnosen in späten Stadien trotz einer Zunahme in frühen. / 

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