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IQWiG-Vorbericht

Brustkrebs-Screening bald ab 45 Jahren?

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) spricht sich dafür aus, das Mammografie-Screening auszuweiten. Die untere Altersgrenze soll demnach von 50 auf 45 Jahre gesenkt werden, die Obergrenze aber vorerst bei 69 Jahren bleiben.
Annette Rößler
03.03.2022  07:03 Uhr

In Deutschland können Frauen zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre eine Mammografie zur Früherkennung von Brustkrebs in Anspruch nehmen. Das Mammografie-Screening-Programm wurde 2005 eingeführt und steht im Einklang mit einer entsprechenden Leitlinie der EU-Kommission. Derzeit nimmt laut einer Pressemitteilung des IQWiG etwa die Hälfte der eingeladenen Frauen an der Früherkennungsuntersuchung teil.

Im März 2021 aktualisierte die EU-Kommission ihre Leitlinie und weitete die Altersgruppe, für die das Screening empfohlen wird, auf 45 bis 74 Jahre aus. In Deutschland beauftragte daraufhin der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das IQWiG zu prüfen, ob diese Empfehlung hierzulande übernommen werden soll. Nun hat das IQWiG das Ergebnis dieser Prüfung vorgelegt.

Es spricht sich dafür aus, das Screening auf Frauen im Alter zwischen 45 und 49 Jahren auszuweiten. Bei ihnen überwiege der Nutzen – früher erkannte und damit besser behandelbare Brustkrebs-Erkrankungen – den Schaden durch falsch-positive Befunde oder die Diagnose von Mammakarzinomen, die so langsam wachsen, dass sie nie Probleme verursacht hätten.

Laut IQWiG bewahre das Mammografie-Screening in dieser Altersgruppe etwa fünf von 10.000 eingeladenen Frauen innerhalb von zehn Jahren davor, an Brustkrebs zu versterben. Dem stünden bis zu 381 von 10.000 Überdiagnosen gegenüber (340 von 10.000 falsch-positive Befunde plus 41 von 10.000 sehr langsam wachsende Tumoren). Die Rate an falsch-positiven Befunden ist damit bei den jüngeren Frauen höher als in der Altersgruppe, für die das Screening bereits empfohlen wird (siehe Kasten).

Für die Nutzenbewertung des Screenings in dieser Altersgruppe lagen dem IQWiG acht randomisierte kontrollierte Studien (RCT) mit zusammen mehr als 600.000 Teilnehmerinnen vor. Deutlich dünner sei die Datenlage mit lediglich zwei RCT mit insgesamt rund 18.000 Teilnehmerinnen zwischen 70 und 74 Jahren gewesen. Bei älteren Frauen sei insbesondere das mit dem Alter steigende Überdiagnoserisiko zu beachten, so das IQWiG. Unter dem Strich hält es die Evidenz zum jetzigen Zeitpunkt für nicht ausreichend, um die Ausweitung des Screenings auf 70- bis 74-Jährige zu empfehlen, weist aber darauf hin, dass in Großbritannien derzeit die Studie AgeX läuft, von der etwa Mitte der 2020er-Jahre zusätzliche aussagekräftige Daten auch für diese Altersgruppe zu erwarten seien.

Die jetzige Einschätzung des IQWiG stellt einen Vorbericht dar, zu dem bis zum 23. März Stellungnahmen eingereicht werden können. Es folgt dann noch eine Anhörung, deren Ergebnisse schließlich in den Abschlussbericht einfließen. Dieser geht an den G-BA, der die Empfehlung des IQWiG dann übernehmen kann – oder auch nicht. Bevor das Screening ausgeweitet werden kann, muss allerdings auch noch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sein Okay geben. Das BfS habe laut IQWiG für Frauen ab 70 Jahren seine Begutachtung bereits gestartet, für Frauen zwischen 45 und 49 Jahren noch nicht. Bis die ersten Frauen zwischen 45 und 49 Jahren offiziell zum Screening eingeladen werden, kann es also noch eine ganze Weile dauern.

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