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PZ-Managementkongress

Ideen für die eigene Apotheke

02.04.2013  18:04 Uhr

Von Daniel Rücker und Stephanie Schersch, Mallorca / Ein Apotheker, der selbst Arzneimittel zulässt, herstellt und vertreibt; ein Buchhändler, dessen Familie den Generationswechsel im Familienunternehmen mit großer Weitsicht plant sowie ein Blick über die Grenzen in die Niederlande und die Schweiz sollten den Teilnehmern beim PZ-Management-Kongress eine Inspriation für den eigenen Betrieb sein. Keine gute Idee ist es dagegen, seinen Ertrag mit zu vielen Dienstleistern zu teilen. Denn der Kuchen für die Apotheker ist endlich.

Eigene Arzneimittel für die

Ursprünglich war es eine Kernaufgabe der Apotheker, selbst Arzneimittel herzustellen. Mittlerweile ist dies jenseits von Defektur und Rezeptur eine absolute Ausnahme. Als einer der wenigen ist der Koblenzer Apotheker Andreas Kiefer zu den Wurzeln des Berufsstandes zurückgekehrt. Der Besitzer der Sophien-Apotheke stellt Arzneimittel her, die er entweder in seiner eigenen Apotheke verkauft oder über den Großhandel anderen Apothekern anbietet.

Als einen Grund für den Einstieg in die Arzneimittelherstellung nannte Kiefer beim Management-Kongress die Verbesserung des eigenen Betriebsergebnisses mit Arzneimitteln von hoher Qualität. Kiefer machte aber auch deutlich, dass der Aufbau einer eigenen Arzneimittelherstellung ein aufwendiges Unterfangen ist. Wer sich nicht auf die Hunderter-Regelung beschränken möchte, benötigt eine Herstellungserlaubnis, Zulassungen für die Präparate, gegebenenfalls einen Lohnhersteller, eine Großhandelserlaubnis und eine Lizenz als pharmazeutischer Unternehmer. Und wenn man wie Kiefer auf Qualität und Wirksamkeit setzt, dann sind nicht-interventionelle Studien ebenfalls unverzichtbar.

 

Ein Selbstläufer sind eigene Arzneimittel dann aber immer noch nicht. Ohne Marketing bei Patienten und Ärzten funktioniert der Vertrieb nicht. Rentabel wird die Produktion erst dann, wenn eine ausreichende Stückzahl eines Medikaments hergestellt wird. Wer all dies in Kauf nimmt, der hat jedoch ein gutes Marketinginstrument für die eigene Apotheke in den Händen, das bei kluger Markenführung den Unternehmer mit einem nennenswerten Deckungsbeitrag und einer Wertsteigerung seiner Apotheke belohnt.

Pharmazeutische Kompetenz stärken

Im Mittelpunkt der apothekerlichen Arbeit steht der Versorgungsauftrag. Als Vertreter der Freien Berufe habe der Apotheker eine Position zwischen Wirtschaft und Staat, sagte Lutz Tisch, Geschäftsführer Recht der ABDA. Weil ihnen Gemeinwohlaufgaben übertragen wurden, habe der Staat für sie wie auch für andere Freiberufler ein reguliertes Umfeld geschaffen.

Tisch sieht in diesen Regeln keine Einschränkungen der beruflichen Freiheit. Im Gegenteil, der Rahmen gebe den Apothekern erst die Freiheit, unabhängig und in persönlicher Verantwortung die Patienten zu beraten und mit Arzneimitteln zu versorgen. Basis für diese Alleinstellung der Apotheker sei ihre berufliche Qualifikation.

 

Tisch machte in seinem Vortrag deutlich, dass eine Deregulierung des Apothekerberufes nicht mehr Freiheit schafft und keinesfalls ein Gewinn im Sinne der Freiberuflichkeit wäre. Vielmehr hätten wichtige juristische Entscheidungen gegen eine Deregulierung in den vergangenen Jahren den ordnungspolitischen Rahmen für die Apotheker deutlich gestärkt.

 

Dringend empfahl Tisch den Kongressteilnehmern, keine Dritten an den eigenen Erträgen zu beteiligen und meinte damit die Betreiber von Blisterzentren, Zeitschriftenverlage oder Lieferdienste. Sie böten den Apothekern oft Dienstleistungen an, für die es keine adäquate Refinanzierungsmöglichkeit gebe. Dies sei ökonomisch unsinnig. Stattdessen sollten die Apotheker ihre eigene Kompetenz noch stärker nutzen um kognitive pharmazeutische Angebote zu entwickeln und sich diese honorieren lassen.

Zwei Generationen in einem Betrieb

Apotheken sind häufig klassische Familienbetriebe. Nicht selten stehen zwei Generationen gemeinsam hinter dem HV-Tisch. Welche besonderen Herausforderungen damit verbunden sind, weiß Christian Riethmüller aus eigener Erfahrung. Der 38-jährige Betriebswirt leitet gemeinsam mit seinem Vater und seinem Onkel die Buchhandlung Osiander mit Hauptsitz in Tübingen.

Bevor Riethmüller in das Familienunternehmen einstieg, war er als Bereichsleiter für Aldi Süd tätig. Diesen Weg würde er immer wieder gehen. Denn die Erfahrung in einem anderen Unternehmen habe nicht nur seinen Blick für die Belange der eigenen Firma geschärft. »Sie hat mir auch den nötigen Respekt im Betrieb verschafft«, sagte Riethmüller.

 

Beim Einstieg in das Unternehmen sollten Sohn oder Tochter eine den anderen Mitarbeitern vorgesetzte Position erhalten. So sei von Beginn an auch für die Belegschaft die Stellung des Nachwuchses klar, der später einmal selbst das Unternehmen leiten soll. »Außerdem müssen klare Verantwortungsbereiche vereinbart werden.« Die vollständige Übergabe des Betriebs an die nächste Generation steht bei Osiander noch bevor. Für diesen Schritt setzt die Familie auf die Unterstützung durch eine Mediatorin. Sie soll für einen möglichst reibungslosen Übergang sorgen.

Zusammenarbeit unter einem Dach

In den Niederlanden versorgen lediglich 1950 öffentliche Apotheken rund  17 Millionen Einwohner. Die meisten Patienten haben eine Stammapotheke, das Verhältnis zum Apotheker ist entsprechend eng.

Anders als in Deutschland spiele die Selbstmedikation allerdings nur eine geringe Rolle, sagte Eva Siedenburg, die in Den Haag vier Apotheken besitzt. »Bei Beschwerden geht der Patient in der Regel gleich zum Hausarzt und nicht in die Apotheke.« OTC-Präparate machten daher gerade einmal 5 Prozent vom Umsatz niederländischer Apotheken aus.


In Zukunft will die Regierung allerdings stärker auf das Selbstmanagement der Patienten setzen, um die Kosten im Gesundheitswesen zu senken. Unterstützung sollen die Versicherten durch die Leistungserbringer bekommen. Hausarzt, Apotheker und weitere Gesundheitsberufe sollen sich unter einem Dach in Gesundheitszentren zusammenschließen und wohnortnah die Versorgung sicherstellen. »Die Organisation dieser Zusammenarbeit finanzieren die Kassen«, so Siedenburg. Auch die Rolle der Apotheker sei zuletzt gestärkt worden. So müssten Ärzte bei der Verordnung bestimmter Arzneimittel auch die Diagnose auf dem Rezept notieren. Darüber hinaus erhielten die Pharmazeuten Zugang zu den Laborwerten der Patienten, um diese Daten in die Betreuung einbeziehen zu können.

Im Clinch mit den Ärzten

Die Schweiz ist vermutlich nicht das gelobte Land für deutsche Apotheker. Die Schweizer Apotheken müssen sich nämlich in einem extrem wettbewerblichen Umfeld zurechtfinden. »In der Schweiz gibt es Apothekenketten in Fremdbesitz, dispensierende Ärzte und Höchst- anstelle von Festpreisen«, umriss der Generalsekretär des Schweizer Apothekerverbandes Pharmasuisse, Marcel Mesnil, die Arzneimittelversorgung in der Schweiz.

Ein besonderes Ärgernis sind den Apothekern die dispensierenden Ärzte. Davon gibt es laut Mesnil mittlerweile mehr als 7000 vor allem in den deutschsprachigen Kantonen. Rund ein Drittel der verschreibungspflichtigen Arzneimittel werden von ihnen abgegeben. Mit Versorgungssicherheit habe das Diespensierrecht nichts zu tun, sagte Mesnil.

 

Da mit der Abgabe von Arzneimitteln in der Schweiz kaum noch Geld zu verdienen ist, setzten die Apotheker auf Dienstleistungen als neue Ertragsquellen. Dazu gehören pharmazeutische Angebote wie ein Medikations-Check, Generika-Substitution oder Wochendossiersysteme. Sie haben aber auch begonnen, in ärztlichem Terrain zu wildern. So bieten einige Apotheken mittlerweile Impfungen an. Erfreulich sei, dass die Dienstleistungen angemessen vergütet würden, sagte Mesnil. So erhält ein Apotheker für einen Medikations-Check immerhin fast 40 Euro.

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