Très französisch |
21.03.2011 15:42 Uhr |
Von Julia Ernst / Ein Auslandspraktikum ist eine gute Möglichkeit, Sprachen zu lernen und fremde Länder zu erkunden. Ferner bietet es die Chance, schon während des Studiums einen Einblick in die verschiedenen Arbeitsfelder von Apothekern zu erhalten. Vergangenen Herbst ergab sich mir die Gelegenheit, in einer Krankenhausapotheke in Le Mans zu arbeiten.
Ermöglicht wurde mir diese Chance durch die Städtepartnerschaft von Vacha und Sargé-lès-Le Mans. Im April beim jährlichen Besuch in der 950 km entfernten Partnerstadt zwischen Normandie und Bretagne, bewarb ich mich zunächst erfolglos. Denn die Suche nach einem Praktikum ist in Frankreich nicht leicht. Firmen müssen Praktikanten ab einer gewissen Dauer entlohnen. Was Studenten eigentlich schützen sollte, fällt so oft auf die Füße: Viele Unternehmen weigern sich generell, Praktikanten zu beschäftigen. Doch im Sommer gelang es dem Partnerschaftskomitee, nach langer Suche einen Platz für mich in der Krankenhausapotheke der Clinique Victor Hugo in Le Mans zu finden.
Die Stadt Le Mans liegt im Nordwesten Frankreichs und hat über das bekannte 24-Stunden-Rennen hinaus einiges an Sehenswürdigkeiten zu bieten.
Foto: imago/blickwinkel
Diese Klinik ist spezialisiert auf Chemo- und Strahlentherapie sowie bildgebende Diagnostik. Sie befindet sich mit ihren drei Stationen und den insgesamt 33 Betten mitten im Zentrum der für den Autosport bekannten Stadt Le Mans. Zur Klinik gehört auch eine große Ambulanz, die täglich zwischen 50 und 60 Patienten mit Zytostatika versorgt. Daher müssen die »Preparateurs«, welche der deutschen Berufsgruppe der PTA entsprechen, bis zu 90 Zytostatikazubereitungen pro Tag herstellen.
Die Krankenhausapotheker sind aktiv in den Entscheidungsprozess der Patientenmedikation eingebunden. Erst nach der sorgfältigen Prüfung der Wahl des Präparates und der Dosierung wird eine Therapieänderung durch den Apotheker genehmigt. Daher arbeiten Mediziner und Pharmazeuten optimal Hand in Hand.
Meine Arbeitsgebiete umfassten sowohl praktische Aufgaben, wie das Zusammenstellen der Medikamente zur Zytostatikazubereitung sowie der Betäubungsmittel, als auch Warenannahme, Überprüfung der Rechnungen, Literaturrecherche und die wöchentliche Inventur. Eine besondere Erfahrung war es für mich, eine Ärztin auf Visite zu begleiten und so das Arbeiten der Mediziner kennenzulernen.
Am vorletzten Tag durfte ich auch einer Apothekerin begegnen, die für die Durchführung der Klinischen Studien verantwortlich war. So bekam ich eine Ahnung davon, welcher »Papierkrieg« mit der Einführung eines neuen Produktes verbunden ist und wie streng die Realisierung von Studien überwacht wird.
Alle Kollegen waren sehr bestrebt, mich zu integrieren und mir möglichst viel Wissen mit auf den Weg zu geben. Für mich war es eine tolle Erfahrung, nicht nur in Frankreich arbeiten zu dürfen und die Kultur kennenzulernen, sondern auch wunderschöne Orte zu bereisen, etwa die Hauptstadt Paris, mich fachlich weiterzubilden, zum Beispiel auf dem Gebiet der Onkologie, sowie vielen interessanten Menschen zu begegnen.
Julia Ernst sammelte bei einem Praktikum in einer französischen Krankenhausapotheke Auslandserfahrungen und verbesserte ihre Sprachkenntnisse.
Foto: Ernst
Untergebracht war ich in drei verschiedenen Gastfamilien, die ich allerdings schon während meiner vorherigen Aufenthalte in Sargé kennengelernt hatte. So konnte ich am französischen Familienleben hautnah teilnehmen, am Wochenende Ausflüge mit ihnen unternehmen und war »gezwungen«, auch nach der Arbeit viel Französisch zu sprechen. Ich fand, dass ich zwar meine Französischkenntnisse auffrischen und verbessern konnte, aber um die Sprache wirklich zu beherrschen, reicht ein einziges kurzes Praktikum in den Semesterferien nicht aus. Daher hoffe ich sehr, dass sich mir nochmals die Möglichkeit bietet, im Ausland arbeiten zu dürfen.
Auch wer keine Partnerstadt hat, kann dennoch eine der begehrten Stellen im Ausland ergattern. Organisationen wie IAESTE oder SEP – das Student Exchange Programme des BPhD – vermitteln Praktikaplätze in der ganzen Welt. Oder doch lieber im Ausland studieren? Anregungen bieten zum Beispiel ERASMUS-Veranstaltungen. Besonders am Anfang des Wintersemesters häufen sich die Informationsabende zu Auslandsthemen, da viele Deadlines Ende November oder Ende Dezember angesiedelt sind. Weitere Ansprechpartner sind neben dem BPhD auch Fachschaftsräte oder Professoren, da diese oft gute Kontakte mit dem Ausland pflegen und oft auch Praktikastellen mit den ausländischen Kollegen tauschen.
Wer den Drang verspürt, den Blick über den Tellerrand zu wagen, sollte nicht vor der schwierigen Organisation eines Auslandsaufenthaltes zurückschrecken, sondern den Mut aufbringen. Solch eine Erfahrung lohnt sich immer. /