Kassen-Chefin wird Pharma-Lobbyistin |
22.03.2011 15:04 Uhr |
dpa / Ein Wechsel, der für Aufmerksamkeit sorgt: Die Vorstandschefin der Krankenkasse Barmer-GEK und frühere SPD-Landesgesundheitsministerin Birgit Fischer wird neue Chef-Lobbyistin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VFA), teilte der Verband vorige Woche mit. Koalitionspolitiker kritisierten massiv den überraschenden Seitenwechsel Fischers.
Fischer war Gesundheitsministerin in Nordrhein-Westfalen und lange Mitglied im SPD-Parteivorstand. Die 57-Jährige steht seit 2007 an der Spitze der größten Krankenkasse, zunächst als stellvertretende und dann als Vorstandsvorsitzende. Noch vor Monaten hatte die Ex-Kassenchefin unter anderem gefordert, schärfer gegen das Preismonopol der Arzneimittelindustrie vorzugehen.
Birgit Fischer wechselt von der Barmer GEK zum Verband forschender Arzneimittelhersteller.
Foto: imago/Eisenhuth
Fischer wechselt zum 1. Mai 2011 an die VFA-Spitze. Sie folgt der bisherigen Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer, die den Verband nach 15 Jahren im Juni verlässt.
Der VFA will sich mit Fischer neu ausrichten. Der VFA-Vorsitzende Wolfgang Plischke erklärte, mit ihr solle der Dialog des VFA mit allen Akteuren der Gesundheitsbranche intensiviert werden. Die neue Hauptgeschäftsführerin stehe für Vermittlung und Kommunikation. »Und das brauchen wir in Zukunft.«
CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn kritisierte: »Eine linke Sozialdemokratin wird oberste Pharmalobbyistin – das ist so, als würde Trittin (Grünen-Fraktionschef) Chef des Atomkonzerns Eon.« Spahn sprach in der »Rheinischen Post« von einem Affront: Der Verband wette mit der Berufung der SPD-Frau 30 Monate vor der Bundestagswahl gegen die amtierende schwarz-gelbe Regierung auf einen Wechsel.
Die FDP-Gesundheitspolitikerin Ulrike Flach sagte den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe: »Das ist, als wenn der Papst zu den Atheisten geht.« Die Pharmabranche werde nicht mehr ernst genommen, wenn sie sich mit Fischer den »schlimmsten Feind« ins Haus hole.
Der VFA wies die Vorwürfe zurück. Entscheidend sei die Kompetenz und nicht das Parteibuch. Für ideologische Schaukämpfe oder wahltaktische Spekulationen sei angesichts der Probleme im Gesundheitswesen ohnehin kein Platz. Es gehe dem Verband um einen neuen Dialog über Partei-grenzen hinweg. /