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Alzheimer

Beta-Amyloid als Teil der Immunabwehr

08.03.2010  16:34 Uhr

Von Christina Hohmann / Die für die Alzheimer-Erkrankung typischen Ablagerungen aus β-Amyloiden wirken antimikrobiell: Sie könnten ein Teil des angeborenen Immunsystems und nicht nur ein Abfallprodukt der Nervenzellen sein. Nun suchen Forscher nach den Auslösern, die zur Plaques-Bildung führen.

β-Amyloide sind Hauptbestandteil der Plaques in Gehirnen von Alzheimer-Patienten. Bislang galten sie als Abfallprodukte, die beim fehlerhaften Zerschneiden des Amyloid-Precursor-Proteins (APP) entstehen. Eine physiologische Funktion war nicht bekannt. In den vergangenen Jahren stellte sich jedoch heraus, dass β-Amyloide mit verschiedenen Rezeptoren und anderen Molekülen interagieren und über ein kompliziertes System innerhalb der Zelle transportiert werden. Sie zeigen auch eine proinflammatorische Wirkung. Dabei bemerkten Rudolph Tanzi, Robert Moir und ihre Kollegen vom Massachusetts General Hospital in Charlestown, dass die Peptide ähnliche Eigenschaften aufweisen wie eine Gruppe von Molekülen der angeborenen Immunabwehr, die sogenannten antimikrobiellen Peptide (AMP). Zu diesen zählen neben den Defensinen auch Cathelizidine und Histatine. Ein bereits bekannter Vertreter der humanen Cathelizidine, das LL-37-Peptid, zeigt eine deutliche Ähnlichkeit mit den β-Amyloiden: Es bildet zytotoxische lösliche Oligomere und unlösliche Produkte.

Um zu prüfen, ob β-Amyloide auch Teil des angeborenen Immunsystems sein könnten, testeten die Forscher die antimi­krobiellen Eigenschaften und verglichen sie mit der von LL-37. Dafür setzten sie synthetische β-Amyloide gegen zwölf klinische bedeutende Erreger ein. In acht Fällen zeigen sich die β-Amyloide genauso wirksam und zum Teil sogar wirksamer als LL-37, berichten die Forscher im Fachjournal »PLoS One« (doi: 10.1371/journal.pone.0009505). Effektiv wirkten sie unter anderem gegen Streptococcus pneumoniae, Staphylococcus aureus und Candida albicans.

 

In einem weiteren Experiment untersuchten Tanzi und seine Kollegen homogenisiertes Gehirngewebe von Alzheimer-Patienten und gesunden Personen: Während die Gewebeproben von Patienten eine antimikrobielle Wirkung zeigten, war dies bei Proben von Gesunden nicht der Fall.

 

Die Ergebnisse legen nahe, dass β-Amyloide zu den AMP zählen und somit ein Teil des angeborenen Immunsystems sind, schreiben die Wissenschaftler. Die Anhäufung des Peptids und die daraus resultierende Alzheimer-Pathologie könnte durch eine Reaktion der angeborenen Abwehr auf eine Infektion angestoßen werden. Nun gelte es herauszufinden, welche Erreger diesen Mechanismus in Gang setzen. Dann könnte durch Präventivmaßnahmen eine Infektion und somit die Alzheimer-Erkrankung verhindert werden. /

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