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Kontroverse um Vitaminsupplemente

06.03.2007  11:24 Uhr

Kontroverse um Vitaminsupplemente

Von Christina Hohmann

 

Vitaminsupplemente könnten eventuell mehr schaden als helfen. Darauf deuten zumindest die Ergebnisse einer großen Metaanalyse zu Antioxidantien hin. Die Daten sind aber mit Vorsicht zu interpretieren.

 

Etwa 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung in Industrieländern konsumieren Vitaminsupplemente in der Hoffnung, ihre Gesundheit zu stärken. Sie könnten damit aber das Gegenteil erreichen. Einer Studie dänischer Epidemiologen zufolge könnten Antioxidantien das Leben verkürzen. Für ihre Metaanalyse hatten Goran Bjelakovic und seine Kollegen von der Universität Kopenhagen 68 randomisierte Studien zu Antioxidantien mit fast 233.000 Menschen ausgewählt. In den Studien erhielten die Probanden über mehrere Jahre Supplemente mit Vitamin A, C oder E sowie Selen und Beta-Carotin oder mit Kombinationen der Vitamine. Die Forscher unterteilten die ausgewählten Studien in Arbeiten von hoher Qualität (»low bias«, niedrige Fehlerrate) und niedrigerer Qualität (»high bias«).

 

Wenn sie die Daten aller 68 Studien betrachteten, war kein signifikanter Zusammenhang zwischen Sterberate und Vitaminsupplementation zu erkennen. Schlossen die Forscher aber 21 Studien niedrigerer Qualität aus, erhöhte die Antioxidantiengabe die Mortalität um 5 Prozent. Dabei steigerte die Einnahme von Vitamin A die Sterberate um 16 Prozent, Beta-Carotin um 7 Prozent und Vitamin E um 4 Prozent. Diese Werte waren alle signifikant. Vitamin C erhöhte den Autoren zufolge die Mortalität um 6 Prozent, wobei der Anstieg nicht signifikant war. Eine negative Wirkung von Vitamin-C-Supplementen auf die Gesundheit ließe sich nicht ausschließen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal »JAMA« (Band 297, Seite 842 bis 857). Für Selen ermittelten die Forscher eine ebenfalls nicht signifikante Reduktion des Sterberisikos um 10 Prozent.

 

Die in den Studien verabreichten Vitamindosen lagen im Schnitt deutlich über den empfohlenen Tagesdosen. Dies könnte ein Grund für das überraschende Ergebnis der Analyse sein. Die Forscher spekulieren weiterhin, dass die Antioxidantien zwar schädliche Radikale abfangen, damit aber wichtige Abwehrmechanismen der Zelle behindern könnten. Denn freie Radikale stoßen zum Beispiel Prozesse wie Apoptose oder Immunreaktionen an.

 

Die Herstellerfirmen kritisieren allerdings die Metaanalyse. Dr. Ann Walker vom britischen Health Supplements Information Service nannte sie gegenüber dem Nachrichtensender BBC »wertlos«. Hauptkritikpunkt ist, dass der Großteil der Studien mit Patienten durchgeführt wurde, die bereits verschiedene Erkrankungen entwickelt hatten. Vitaminsupplemente sollten aber die Entstehung von Krankheiten vermeiden. Es sei albern, zu suggerieren, dass Vitamingaben eine lebensbedrohliche Pathologie, wie bei Patienten mit schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, rückgängig machen könnten, sagte Walker.

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