SPD will Tintenkiller werden |
02.03.2010 17:14 Uhr |
Von Martina Janning, Berlin / Die SPD macht mobil gegen eine einheitliche Gesundheitsprämie, die Union und FDP sich in ihren Koalitionsvertrag geschrieben haben. Die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen sollen ein Stopp-Signal setzen.
Die SPD hat am Montag eine bundesweite Unterschriftenaktion gegen die im Koalitionsvertrag vereinbarte einheitliche Gesundheitsprämie gestartet. Dazu sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel in Berlin vor Journalisten: »Die Kopfpauschale bricht Kernversprechen des Sozialstaates. Erstens: Wenn du krank bist, wirst du deshalb nicht arm. Und: Wenn du arm bist, wirst du deshalb noch lange nicht krank.«
Kampagne gegen die Gesundheitsprämie: Unterstützt vom Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske will SPD-Chef Sigmar Gabriel (links) die Chancen seiner Partei auf einen Sieg bei den NRW-Landtagswahlen im Mai verbessern.
Foto: dpa
Gabriel verwahrte sich dagegen, dass »eine Putzfrau die gleichen Beiträge zahlt wie ein Bankenvorstand«. Er kritisierte, dass die Kopfpauschale durch den geplanten Steuerausgleich bis zu 40 Millionen Menschen zu Sozialhilfeempfängern mache. Bei leeren Steuerkassen, fürchtet der SPD-Chef, werde es künftig sowohl höhere Kopfpauschalen, als auch weniger Leistungen von der Gesetzlichen Krankenversicherung geben.
Die Kampagne beginnt nicht zufällig zwei Monate vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) am 9. Mai 2010. Die SPD will die Wahlen zur Abstimmung über die Kopfpauschale machen. Die Wähler könnten dort ein »Stopp-Signal setzen«, sagte Gabriel. Wenn die SPD die NRW-Wahlen gewinnt, hat sie die Mehrheit im Bundesrat und kann die Kopfpauschale blockieren.
Unterstützung von Kassen und Verdi
Zu den ersten Unterzeichnern der Unterschriftenaktion gehörten der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, und der frühere Chef der Barmer Ersatzkasse, Professor Eckart Fiedler, der heute am Kölner Institut für Gesundheitsökonomie arbeitet. Die Kopfpauschale stehe exemplarisch für die Gesundheitspolitik, die sich zum Systemwechsel aufgemacht habe, sagte Bsirske. »Wer viel verdient, soll weniger zahlen, und wer wenig verdient, wird mehr zahlen«, kritisierte er und betonte, die Mehrheit der Deutschen wolle keinen Systemwechsel. Gesundheitsökonom Fiedler rechnete vor, dass die Kopfpauschale von aktuell 145 Euro im Monat im Jahr 2012 bereits bei 192 Euro liegen werde.
SPD-Chef Gabriel äußerte die Vermutung, das es Kanzlerin Merkel womöglich entgegenkomme, wenn die CDU die NRW-Wahl verliere und so der »Tintenkiller aus der SPD« komme. /