Medaillenverdächtige Premiere |
02.03.2010 17:14 Uhr |
Von Sven Siebenand, Vancouver / Während der Olympischen Spiele haben sich erstmalig die deutschen Apotheker gemeinsam mit der Nationalen-Anti-Doping-Agentur (NADA) im Deutschen Haus in Vancouver präsentiert. Eine Goldmedaille gab es für das gelungene Engagement zwar nicht, dafür aber jede Menge Lob von vielen Seiten.
Biathlonstar Kati Wilhelm, Eislaufkönigin Katharina Witt und Eishockeylegende Wayne Gretzki: Das ist nur eine kleine Auswahl an Sportlern, die in der Service-Apotheke im Deutschen Haus bei Apothekerin Dr. Kerstin Neumann vorbeigeschaut haben. »Auch die Bundesminister Thomas de Maizière und Karl-Theodor zu Guttenberg, CSU-Chef Horst Seehofer sowie Fürst Albert von Monaco haben sich bei mir informiert«, sagt die NADA-Mitarbeiterin.
Pharmazeutischer Rat gefragt
»Viele sind zunächst einmal überrascht, dass es im Deutschen Haus eine Apotheke gibt. Die Reaktionen sind aber ausschließlich sehr positiv«, sagt Neumann. Sogar der Direktor der Medical Commission des IOC, Dr. Patrick Schamasch, habe ausdrücklich die Präsenz der NADA und die Kooperation mit den Apotheken in einer Besprechung lobend hervorgehoben.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit par excellence: Apothekerin Dr. Kerstin Neumann und Mannschaftsarzt Dr. Bernd Wolfarth in der Service-Apotheke im Deutschen Haus in Vancouver.
Foto: PZ/Siebenand
Und wie wurde die Apotheke angenommen? »Sehr gut«, sagt Neumann. Schlangestehen sei keine Seltenheit gewesen. Insgesamt wurden mehrere Hundert Gäste im Deutschen Haus von der Apothekerin beraten und bei kleinen Wehwehchen mit Arzneimitteln versorgt. Dazu zählen vor allem Erkältungskrankheiten, Kopfschmerzen und, in Anbetracht der derzeitigen Bettwanzen-Plage in Vancouver, Juckreiz. »Für die Arzneimitteltherapie bei Sportlern sind jedoch die Mannschaftsärzte zuständig«, stellt die Apothekerin klar. Allerdings lassen sich einige von ihnen bei ihr zum Thema Anti-Doping beraten. »Vor allem junge Nachwuchssportler sind viele Fragen bei mir losgeworden«, berichtet Neumann. Das habe auch zu einigen Aha-Erlebnissen geführt. So wussten viele nicht, dass ab Januar 2010 die Substanz Pseudoephedrin, die zum Beispiel in Aspirin® Complex enthalten ist, auf der WADA-Verbotsliste steht. Eine andere, häufig unbekannte Stolperfalle sei die Einnahme von WickMediNait®, das den verbotenen Stoff Ephedrin enthält.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
»Ein super Sache«, lobt der leitende Mannschaftsarzt des deutschen Olympiateams, Dr. Bernd Wolfarth, im Gespräch mit der PZ die Service-Apotheke im Deutschen Haus. »Viele Anfragen von Nicht-Sportlern werden so bereits beantwortet und damit hat das Ärzteteam mehr Zeit für die Kernaufgaben innerhalb der Mannschaft«, freut sich der Mediziner über die Entlastung.
Ski-Ass Herbert der Blaue nimmt Kontakt auf zu den Einwohnern Vancouvers.
Foto: ABDA
Er wünsche sich, dass diese Form der interdisziplinären Zusammenarbeit weiter fortgesetzt wird. Zudem begrüßt Wolfarth, dass sich die deutschen Apotheker auch beim Thema Dopingprävention und -aufklärung verstärkt einbringen wollen. »Eine Win-win-Situation«, so Wolfarth.
Ähnliche Worte fand auch der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Michael Vesper. »Wir sind glücklich, mit der ABDA einen kompetenten Partner gefunden zu haben, der in enger Abstimmung mit den Ärzten unserer Olympiamannschaft Vertrauen schafft und bei den Athleten für zusätzliche Sicherheit sorgt.«
»Die Apotheke im Deutschen Haus ist der gelungene Startschuss für die Kooperation der Apotheken mit der NADA«, sagt Neumann. »Wir möchten in der nächsten Zeit vor allem im Nachwuchs- und Breitensport gemeinsam tätig werden und die Präventionsarbeit der NADA auf eine sehr breite Basis stellen. Es ist ungemein wichtig, dass die Apotheken im Bereich der Medikation auch als Multiplikatoren dienen und Sportler über geeignete und dopingfreie Medikation kompetent beraten können.«
Anlaufstelle Apotheke: Dr. Kerstin Neumann im Gespräch mit Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht und DSM-Geschäftsführer Axel Achten
Foto: ABDA
Im Anschluss an die Olympischen Spiele und die Paralympics verteilt die ABDA an alle deutschen Apotheken deshalb die »Beispielliste zulässiger Medikamente« der NADA. Das sei jedoch nur ein Bestandteil der Fortbildungsoffensive. Zusätzlich werden die Apothekerkammern Fortbildungsveranstaltungen zum Arzneimitteleinsatz im Sport anbieten.
Die ABDA – Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände sieht in der Unterstützung der NADA ausdrücklich nicht nur ein Engagement für Spitzensport. »Damit unterstreichen wir unsere Zusage, mit gemeinsamen Projekten in Zukunft zielgerichtet auch Breiten-, Nachwuchs- und Freizeitsportler anzusprechen und zu sensibilisieren«, sagte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf bei einem Besuch im Deutschen Haus. Dort traf er unter anderem auf den Bundesinnenminister Thomas de Maizière.
ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf im Interview
Foto: ABDA
Auch dieser lobte den Einsatz der Apotheken: »Wir freuen uns sehr über die aktive Unterstützung der NADA durch die Apothekerschaft.« Sehr erfreulich sei es, dass die Apotheker von Arzneimitteln, nicht aber vom Arzneimittelmissbrauch leben wollen.
Am Schlusstag der Olympischen Spiele wurden bereits die logistischen Vorbereitungen für die Paralympics gestartet. Denn im Deutschen Paralympischen Haus in Whistler wird die Apothekerschaft ebenfalls ihre Kooperation mit dem Behindertensport deutlich machen und mit Leben erfüllen. Die Paralympics finden weitgehend an denselben Wettkampfstätten statt. Sie beginnen am 12. und enden am 21. März 2010. /