FDA-Gutachter fordern Marktrücknahme |
23.02.2010 15:55 Uhr |
Von Kerstin A. Gräfe / Zwei Gutachter der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA fordern, Rosiglitazon wegen eines erhöhten kardiovaskulären Risikos vom Markt zu nehmen. Einem der New York Times vorliegenden internen Bericht zufolge sollen allein im dritten Quartal der FDA 304 Todesfälle unter der Behandlung mit dem Glitazon gemeldet worden sein.
Die Diskussion um die kardiovaskuläre Sicherheit von Rosiglitazon (Avandia®, Avandamet®, Avaglim®, GlaxoSmithKline) ist nicht neu (siehe dazu Rosiglitazon: Diabetikerherz in Gefahr, PZ 08/2008). Bereits 2007 führten die im New England Journal of Medicine veröffentlichten Ergebnisse einer Metaanalyse zu einer Änderung der Fachinformation (N Engl J Med 356 (2007) 2457-2471).
Foto: GSK
Die Studie zeigte, dass Typ-2-Diabetiker unter Rosiglitazon ein um 43 Prozent erhöhtes Herzinfarktrisiko haben. Auch das Risiko für kardiovaskuläre Todesfälle war unter der Glitazon-Behandlung erhöht. Im Januar 2008 zog die europäische Zulassungsbehörde EMA die Konsequenzen und laut Fachinformation ist Rosiglitazon seitdem bei Patienten mit Herzinsuffizienz kontraindiziert und sollte abgesetzt werden, wenn die Herzfunktion sich verschlechtert. Die Gesamt-Risiko-Nutzen-Bewertung blieb jedoch positiv.
Im Gegensatz zu Rosiglitazon scheint Pioglitazon das kardiovaskuläre Risiko nicht zu erhöhen. Laut Bericht, so die New York Times, könnten pro Monat rund 500 Herzinfarkte und 300 Fälle von Herzinsuffizienz verhindert werden, wenn auf Rosiglitazon zugunsten von Pioglitazon verzichtet würde. »Rosiglitazon sollte vom Markt genommen werden«, so die Forderung der FDA-Gutachter Dr. David Graham und Dr. Kate Gelperin. Doch direkte Vergleichststudien fehlen bislang. Antworten erhofft man sich von der im Mai 2009 begonnenen TIDE-Studie, in der Typ-2-Diabetiker unter anderem placebokontrolliert Rosiglitazon oder Pioglitazon erhalten. Laut New York Times werden Zwischenergebnisse jedoch nicht vor 2014, Endergebnisse nicht vor 2020 erwartet. Graham und Gelperin bezeichnen die Studie als »unethisch und ausbeuterisch«, da die Patienten der Glitazon-Gruppe einem erhöhten Risiko ausgesetzt würden, und werfen GSK mangelnde Aufklärung der Patienten vor.
GSK weist Vorwürfe zurück
GlaxoSmithKline weist die in der New York Times beschriebenen Schlussfolgerungen über das Sicherheitsprofil zurück. Im Gegensatz zu den Behauptungen in diesem Bericht und in Übereinstimmung mit der Zulassung durch die FDA fehlen wissenschaftliche Beweise, dass Avandia das Risiko für kardiovaskuläre ischämische Ereignisse erhöht oder Herzinfarkte verursacht, so das Unternehmen in einer Stellungnahme. GSK verweist auf die RECORD-Studie, in der in Tat nicht mehr Patienten unter Rosiglitazon wegen kardiovaskulärer Komplikationen in die Klinik eingewiesen wurden als unter einer Metformin/Sulfonylharnstoff-Behandlung.
Kritiker bemängelten allerdings das Open-Label-Studiendesign und verwiesen unter anderem auf Ungereimtheiten im sekundären Endpunkt Herzinfarkt, bei dem Rosiglitazon schlechter als die Vergleichsmedikation abgeschnitten hatte. /