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Dermopharmazie

Dekorative Kosmetik für die Problemhaut

08.04.2008  17:26 Uhr

Dermopharmazie

Dekorative Kosmetik für die Problemhaut

Von Hans Lautenschläger

 

Dekorative Kosmetik führt in vielen Apotheken noch immer ein Schattendasein. Zu Unrecht, denn insbesondere im Bereich der Problemhaut wird sie dringend benötigt, um den Leidensdruck der Betroffenen zu vermindern. Der folgende Beitrag beschreibt Präparate, die in Verbindung mit Wirkstoffkosmetik und fundierter Hautberatung eine wertvolle Ergänzung im Apothekenangebot bilden.

 

Make-up ist Kosmetik pur, da allein die Optik der Haut im Vordergrund steht. So lange Zeit eine weitverbreitete Ansicht. Fragen nach ihrer Zusammensetzung schienen zweitrangig. Seitdem jedoch Schlagworte wie Anti-Aging, Dermopharmazie und Korneotherapie immer mehr in den Vordergrund drängen, werden die Bestandteile der dekorativen Präparate hinsichtlich der physiologischen Verträglichkeit und ihres Einflusses auf die Regeneration der Haut verstärkt unter die Lupe genommen.

 

Medizinische Camouflage

 

Konventionelle dekorative Kosmetika decken im wahrsten Sinne des Wortes ab. Maskenhaftes Aussehen, in asiatischen Ländern nach wie vor beliebt, ist ein Indiz für diese Art der Präparate. Selbstverständlich kann auf eine Camouflage, die bleibende und stark auffallende Anomalien wie Feuermale und Narben abdeckt, nicht vollständig verzichtet werden. Langkettige Kohlenwasserstoffe wie Paraffinöle, Vaseline oder mineralische Erdwachse sowie synthetische Poly-α-olefine und Silikone sind die Träger für Pigmente. Notwendige Hilfsstoffe machen sie wisch- und wasserfest. Dabei zeichnet sich die Camouflage trotz hoher Schichtdicke durch eine hohe Elastizität aus.

 

Ein sinnvolles Anwendungsgebiet der Camouflage sind beispielsweise auch kurzfristige Braut-Make-ups. Bei längerfristigem Einsatz leidet allerdings ähnlich wie bei einem Pflaster die Eigenregeneration unter der lückenlosen Abdeckung. Daher ist es wichtig, die Camouflage nur so lange auf der Haut zu lassen, wie wirklich benötigt.

 

Make-up für die Problemhaut

 

Für Problemhaut, die sich durch Barrierestörungen, Verhornungsstörungen, Irritationen, Äderchen und erhöhte Allergiebereitschaft auszeichnet, wird ein möglichst natürliches Make-up benötigt. Die Hautfunktionen dürfen dabei nicht beeinträchtigt werden. Hinsichtlich der Zusammensetzung des Make-ups sind daher Kompromisse notwendig. Das Zusammenspiel von Wirkstoffen, Hautpflegebasis und Make-up sollte so aussehen:

 

gezielte Applikation der für die jeweilige Problemhaut notwendigen Wirkstoffe in Form von Monosubstanzen, Extrakten und Ölen unter Nutzung von Transportsystemen wie Liposomen und Nanopartikeln.

Verteilung einer adäquaten Basiscreme, frei von Hilfsstoffen wie Mineralölen, Silikonen, Parfüm- und Konservierungsstoffen, Emulgatoren, auf das gesamte Gesicht.

Auftragen des Make-ups, das chemisch und physikalisch mit den ersten beiden Behandlungsschritten harmoniert.

 

In diesem Ablauf können auch Reinigung, Tonisierung und gegebenenfalls Masken enthalten sein. Wichtig ist bei Problemhaut ein weitgehender Verzicht auf kontraproduktive Hilfsstoffe und eine Anpassung an die physiologischen Bedürfnisse der Haut. Die ersten beiden Behandlungsschritte können verbunden werden, entweder in Form einer wirkstoffhaltigen Fertigcreme oder mittels einer in der Apotheke angepassten Basiscreme.

 

Moderne Basiscremes mit Membranstruktur eignen sich dafür sehr gut, versorgen die Haut mit Lipiden und Feuchthaltestoffen (Moisturizern) und bilden gleichzeitig eine Grundlage für das folgende Make-up. Allerdings sollte berücksichtigt werden, dass die Wirkstoffe in einer Basiscreme in verdünnter Form auf die Haut gelangen.

 

Basiscremes mit Membranstruktur, die für die Hautpflege verwendet werden, sind nicht in der Lage, Pigmente in ausreichender Konzentration zu stabilisieren. Für dekorative Zwecke sind sie daher nicht geeignet. Sie müssen mit speziellen Triglyceriden, zum Beispiel Ricinusöl in nativer oder hydrierter Form, angereichert werden. Diese Lipide erhöhen durch Wasserstoffbrückenbildung die Haftung der Basiscremes an der Hautoberfläche. Das Ergebnis sind Basis-Grundierungen (Foundations), die Pigmente fixieren können und nicht komedogen sind.

 

Wirkstoffe, Basiscremes und pigmenthaltige Foundations auf der Grundlage physiologischer Komponenten ermöglichen eine optimale Unterstützung der Regenerationsfähigkeit der Haut; gleichzeitig wird die Hautoberfläche optisch verändert. Da Basiscremes mit Membranstruktur auch für Magistral-Rezepturen verwendet werden, kann nicht nur mit kosmetischen, sondern auch mit pharmazeutischen Wirkstoffen gearbeitet werden.

 

In schwierigen Fällen wie entzündlicher Akne kann beispielsweise erst ein Antibiotikum in der Magistral-Rezeptur und später ein linolsäurereicher kosmetischer Wirkstoff (zum Beispiel natives Phosphatidylcholin in Liposomenform) in der gleichen Basiscreme für die kosmetische Prävention verordnet werden.

 

Die in den Grundlagen eingesetzten Pigmente setzen sich hauptsächlich aus Titandioxid, Siliciumdioxid, Glimmer und Eisenoxiden zusammen. Durch ihren mehrschichtigen Aufbau und die damit verbundene Beeinflussung der Lichtreflektion lassen sich unterschiedliche optische Effekte bis hin zur scheinbaren Faltenreduktion erzeugen.

 

Angepasste Grundlagen

 

Die beschriebenen Grundlagen betonen das natürliche Erscheinungsbild der Haut. Es ist möglich, die Farbgebung der Basiscremes, bestehend aus Basis-Foundation und Pigmenten, den jeweiligen Bedürfnissen anzupassen. Allerdings erfordert dies visagistische Grundkenntnisse in Form einer Hautton-Analyse.

 

Man unterscheidet das äußerlich sichtbare Hautbild und Hautuntertöne. Unabhängig vom äußeren Hautbild kann der Hautunterton rosa (rot) oder gelblich (beige) sein. Rosafarbene Haut wirkt optisch heller als beigefarbene. Menschen dunkler Hautfarbe können auch einen roten Hautunterton besitzen. Zu Rötungen neigende, empfindliche Haut kann auch einen beigefarbenen Hautunterton haben. Gelbliche Haut färbt sich durch Sonneneinwirkung gelbbraun, golden bis nussbraun. Rosafarbene Haut wird durch Sonneneinwirkung kupfrig.

 

Hautton-Analyse hilft bei Farbwahl

 

Um den Hautunterton zu bestimmen, drückt man ein Glasplättchen (Objektträger) auf die Stirn. Dabei wird der Rotanteil (Hämoglobin) weggedrückt. Ein gelblicher Hautunterton (Carotin) wird jetzt deutlich sichtbar; darüber hinaus ist das Melanin (Bräunungsgrad) zu sehen. Erscheint die Haut dagegen weißlich, liegt ein Rosa-Hautunterton vor.

 

Nach der Hautton-Analyse kann die Basis-Foundation mittels einer Farbkarte individuell angepasst werden. Auch für die Empfehlung von Fertig-Foundations ist eine Hautton-Analyse hilfreich, um Enttäuschungen der Kunden auszuschließen.

 

Foundations für die Problemhaut können naturgemäß nicht so stark kaschieren wir konventionelle Make-ups, da sie andernfalls die Regeneration der Haut behindern würden. Make-up-Präparate für die Problemhaut eignen sich aber selbstverständlich auch für die dekorative Pflege der normalen Haut.

 

Ein positiver Nebenaspekt pigmenthaltiger Make-up-Präparate ist ein leichter Sonnenschutz, der sich je nach Pigmentkonzentration zwischen Faktor SPF 1 und SPF 4 bewegt. Chemische Filter, die häufig in Tagescremes eingebaut sind und ein Grund für allergische Reaktionen sein können, erübrigen sich dadurch.

 

Zur Herstellung von Lippenstiften werden wasserfreie Zusammensetzungen benötigt. Natives und hydriertes Ricinusöl sind auch hier unverzichtbare Bestandteile für eine ausreichende Haftung. Die Konsistenz und das Streichverhalten werden durch Wachse wie Carnaubawachs, Bienenwachs und Sheabutter bestimmt. Mit lebensmitteltauglichen Pigmenten sind Rezepturen möglich, die weitgehend frei von Problemstoffen sind und sich für empfindliche Lippen eignen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass ein großer Teil der applizierten Lippenstiftmasse verkonsumiert wird.

 

Puder und mögliche Bestandteile

 

Wichtig sind im Make-up-Angebot darüber hinaus Puder, die allein oder abschließend auf eine Grundierung appliziert werden. Wenn sie Harnstoff enthalten, lassen sich aus den oben genannten Pigmenten ohne Konservierungsstoffe herstellen. Harnstoff unterdrückt vorhandenen Juckreiz und unterstützt die Hautfeuchte. Derartige Puder können zwar Hautfette aufnehmen, wirken aber nicht austrocknend.

 

Polyamide, natürliche Tonerde und Magnesiumstearat erhöhen die Haftung der Puder. Auf Talkum kann verzichtet werden. Seidenpulver, synthetische Polyamide und Bornitrid vermitteln ein angenehmes Hautgefühl.

 

Kompaktpuder erhält man durch Zusatz geringer Mengen von Bindern, meist in Form von Wachsen, langkettigen Alkoholen, Ölen und Fettsäureestern,  und nachfolgende Pressung. Für dermatologische Anwendungen können die Puder darüber hinaus mit pharmazeutischen Wirkstoffen wie Lokalanästhetika, Antibiotika und Antiseptika rezeptiert werden.

 

Auch mit Pudern lassen sich Falten optisch reduzieren, wenn Spezial-Pigmente (Filler) verwendet werden, die eine diffuse Lichtreflektion erzeugen. Da die Absorption minimal und die Transmission des diffusen Lichtes aus der Haut hoch ist, betonen Puder auf dieser Basis die natürliche Hautfarbe und mildern Kontraste, wie sie in den Vertiefungen der Falten entstehen.

 

Mascara & Co

 

Für wasserfeste Mascara zur Betonung, Färbung und Verstärkung der Wimpern werden in der Regel Wachse mineralischer oder pflanzlicher Art zusammen mit Farbstoffen und Pigmenten eingesetzt, die wasserfrei in flüchtigen Kohlenwasserstoffen oder Silikonen gelöst beziehungsweise dispergiert sind. Wasserhaltige Maskara (Emulsion) sind nach dem Antrocknen meist nicht wasserfest.

 

Bei Mascara spielt die Verträglichkeit von Inhaltsstoffen nicht so eine große Rolle, da der direkte Kontakt mit der Haut eher gering ist. Anders ist die Situation beim Lidschatten, der häufig einen ähnlichen Aufbau wie wasserfreie Mascara hat. Hier sollte vor der Anwendung die INCI gemäß den für die Problemhaut angegebenen Kriterien überprüft werden.

 

Verbreitet sind Kajal-Stifte, die Konturen am Auge (Eyeliner) und an den Lippen (Lipliner) verstärken, sowie Concealer, die zum gezielten Kaschieren kleiner Anomalien dienen. Sie werden meist gegossen und bestehen aus Wachsen, Ölen, Estern, Pigmenten inklusive Fillern und langkettigen Säuren wie Stearinsäure. Die Stifte können ohne Parfümstoffe, Konservierungsstoffe und sonstige für die Problemhaut kontraproduktive Stoffe produziert werden.

 

Literatur

...beim Verfasser

 

Anschrift des Verfassers:

Dr. Hans Lautenschläger

Koko-GmbH & Co. KG

Moltkestraße 25

42799 Leichlingen

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