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Rezeptsammelstellen im Drogeriemarkt bleiben verboten

21.02.2006  16:01 Uhr

Verwaltungsgericht

Rezeptsammelstellen im Drogeriemarkt bleiben verboten

von Daniel Rücker, Düsseldorf

 

Es bleibt dabei. Die Drogeriemarktkette dm darf keine Rezepte für die Europa-Apotheek sammeln und auch keine apothekenpflichtigen Arzneimittel abgeben. Das hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf nun in einem Urteil bestätigt.

 

Im Sommer 2004 hatten die Karlsruher Drogeriemarktkette dm und die niederländische Versandapotheke Europa-Apotheek ein ebenso innovatives wie illegales Vertriebskonzept für apotheken- und verschreibungspflichtige Arzneimittel entwickelt. In acht nordrhein-westfälischen dm-Filialen konnten Kunden ihre Rezepte, ähnlich wie bei der Filmentwicklung in einen Kasten werfen. Das Rezept wurde nach Venlo geschickt, die dort ansässige Europa-Apotheek schickte die verordneten Arzneimittel an die entsprechende dm-Filiale, wo der Kunde seine Medikamente Tage später abholen konnte. Natürlich warb dm dafür, dass die Medikamente preiswerter seien als in deutschen Apotheken.

 

Einstweilige Verfügung

 

Ihr neu entwickeltes Vertriebskonzept bezeichneten sie zum Erstaunen der Experten als Versandhandel. Schließlich würden die Medikamentenpäckchen von Venlo nach Düsseldorf, Rheydt oder Mönchengladbach geschickt. Die Apothekerkammer Nordhrein bezeichnete die Funktion der dm-Filialen dagegen als illegale Rezeptsammelstellen und das Gesundheitsamt der Stadt Düsseldorf erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen das Procedere.

 

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf bestätigte mit seinem Urteil vom 15. Februar nun diese Entscheidung. Das Vertriebskonzept, bei dem der Kunde zum Bestellen und Abholen der Ware in die Filiale kommen müsste sei definitiv kein Versandhandel im Sinne des Arzneimittel- und Apothekengesetzes. Dies erlaube den Versand von der Apotheke an den Endverbraucher. Im vorliegenden Fall gehe es jedoch um den Versand von der Hauptniederlassung in eine Filiale. Die Abgabe an den Kunden erfolge in einer festen Betriebsstätte, die keine Apotheke sei. Dies sei ein Verstoß gegen das Gesetz, so das Gericht.

 

Nach Ansicht der Richter kann es auch keine europarechtlichen Bedenken gegen das Verbot geben. Der freie Warenverkehr innerhalb der EU sei durch den Versandhandel ausreichend ermöglicht. Eine Ausländerdiskriminierung liege auch deshalb nicht vor, weil das Vertriebskonzept auch dann illegal wäre, wenn die dm-Märkte von einer deutschen Apotheke beliefert würde, sagte Richterin Ute Fischer.

 

Die Düsseldorfer Richter begründeten ihr Urteil auch damit, dass dm als Folge des Vertriebskonzeptes in seinen Betriebsräumen ein Arzneimittellager unterhalte, das nicht den Vorschriften entspreche und nicht die notwendigen Sicherheitsstandards erfülle. Die Missbrauchsgefahren eines solchen Lagers seien weitaus größer als bei der Lagerung einzelner Medikamentenpäckchen in einer Postfiliale.

 

Die Apothekerkammer Nordrhein zeigte sich mit dem Urteil hoch zufrieden. »Es gibt keinen Grund, den bewährten Betriebsweg aufzuweichen«, erklärte die Kammerjuristin Dr. Bettina Mecking nach dem Richterspruch. Kammerpräsident Lutz Engelen sieht darin einen »Sieg für die Patienten, denn der Verbraucherschutz ist sichergestellt«. Zudem werde der Status des Arzneimittels als Ware besonderer Art sichergestellt. Ähnlich äußerte sich ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf: »Dieses Urteil stärkt den Schutz der Verbraucher Arzneimittel sind sensible Produkte. Nur Apotheken bieten die nötige Sicherheit und den verantwortlichen Umgang damit«.

 

Obwohl es das Verwaltungsgericht in seiner Urteilsbegründung nicht an Klarheit hat fehlen lassen, ist der Rechtsstreit noch nicht endgültig entschieden. Die Drogeriemarktkette kann Berufung gegen das Urteil beim Oberverwaltungsgericht in Münster einlegen. Sie wird dies aller Voraussicht nach auch tun. Klaus Gritschneder von der Europa-Apotheek blieb nach der Urteilsverkündung zunächst wage. Man wolle sich nun über das weitere Vorgehen abstimmen. In erster Linie sei dm nun am Zug. Es wäre erstaunlich, wenn das juristische Verfahren am vergangenen Mittwoch sein Ende gefunden hätte.

 

Angesichts der eindeutigen Begründung des Verwaltungsgerichtes erscheint es aber unwahrscheinlich, dass sich der Karlsruher Drogeriemarkt und der niederländische Versender allein auf eine Meinungsänderung der Juristen verlassen wollen. Zumindest als Alternative könnten beide nun an einem neuen Konzept feilen, dass größere Chancen auf ein Plazet der Gerichte hat.

Kommentar: Gute Nachrichten

von Daniel Rücker, Eschborn

 

In Drogeriemärkten wird es auf absehbare Zeit keine apothekenpflichtigen Arzneimittel geben. Das ist eine gute Botschaft. Mit seinem Urteil vom 15. Februar hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf unmissverständlich klargestellt, dass einerseits die dubiose Zusammenarbeit von dm und der Europa-Apotheek nicht mit dem deutschen Recht, ihr Verbot aber andererseits mit europäischen Recht in Einklang steht. Es tut auch gut, dass das Gericht in seiner Begründung deutlich gemacht hat, dass der rechtliche Rahmen um die Arzneimittelversorgung kein lästiges Handelshemmnis ist, sondern vorrangig die Verbraucher schützt. In der Vergangenheit wurde dieser Aspekt von Politikern und manchmal auch von Gerichten weniger gewürdigt, als es aus Sicht der Apotheker angemessen wäre. Es gibt eben auch noch gute Nachrichten für Apotheker, allerdings dürften sie ruhig noch etwas häufiger werden.

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