Standort als Erfolgsfaktor |
12.02.2013 18:54 Uhr |
Von Sven Derlien / Soll eine Apotheke neu gegründet, gekauft oder gepachtet werden, muss der Standort im Vorfeld genau analysiert werden. Wo liegt das Umsatzpotenzial, wie sind die Zukunftsaussichten? Hierbei sollte eine Reihe von Faktoren berücksichtigt werden.
Bereits die Einwohnerzahl des Einzugsgebietes bietet einen ersten Anhaltspunkt in Bezug auf das mögliche Umsatzpotenzial. Daten dazu lassen sich oftmals über das Internet recherchieren. Außerdem kann man bei einigen Einwohnermeldeämtern genauere Zahlen erfragen, in Berlin ist dies sogar für einzelne Straßenzüge möglich.
Detaillierte Analyse
Anhand dieser Daten sowie Statistiken über den durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch an Arzneimitteln kann ein erster Rückschluss auf den möglichen Umsatz am Standort gezogen werden. Weiterhin kann unter Berücksichtigung der übrigen Apotheken im Einzugsgebiet eine »Einwohner-pro-Apotheke-Relation« abgeleitet werden. Diese Relation erlaubt eine erste grobe Beurteilung in Bezug auf die Notwendigkeit einer weiteren Apotheke an diesem Standort. Zu einer detaillierten Analyse gehören neben einer Betrachtung der absoluten Werte auch die Altersstruktur der ansässigen Einwohner sowie deren soziale Verhältnisse.
Wer sich mit einer eigenen Apotheke selbstständig machen möchte, sollte zuvor den Standort genau prüfen.
Foto: dpa
Trotz zunehmender Selbstverantwortung des Patienten machen die verschreibungspflichtigen Arzneimittel den größten Teil am Umsatz einer typischen Apotheke aus. In den alten Bundesländern liegt dieser Anteil bei etwa 75 Prozent, in den neuen Bundesländern sogar bei mehr als 80 Prozent. Daher muss der Situation der ansässigen Arztpraxen besondere Beachtung geschenkt werden. Wichtig sind insbesondere die Fachrichtungen, denn zwischen den einzelnen Arztgruppen gibt es deutliche Unterschiede in Bezug auf das Verschreibungsvolumen.
Zusätzlich müssen die Entfernung der Arztpraxen zum Apothekenstandort und die Laufwege der Patienten berücksichtigt werden. Ein weiterer Punkt, der nicht außer Acht gelassen werden darf, ist die Frage nach dem Alter der Ärzte. Umsätze von Medizinern, die älter sind als 60 Jahre, sind potenziell gefährdet. Besonders in ländlichen Gebieten und in den neuen Bundesländern ist es für Ärzte teilweise schwierig, Nachfolger zu finden.
Neben der Lage zu den ansässigen Ärzten gibt es weitere Faktoren, die den Erfolg der Apotheke beeinflussen. Wichtig sind zum Beispiel stark frequentierte Einrichtungen in der Nähe, wie Supermärkte, Postfilialen, Banken oder Behörden, aber auch Haltestellen von Bus-, S- oder U-Bahn. Nicht zu vernachlässigen ist darüber hinaus die Verkehrsführung von Straßen, Unterführungen und Überwegen. All diese Faktoren können direkt die Kundenstruktur sowie die Orientierung der Passanten beeinflussen und damit positive oder negative Auswirkungen auf den Umsatz am Standort haben.
Bei der Analyse des Standortes handelt es sich zunächst immer um die Betrachtung der Ist-Situation. Wichtig für eine Beurteilung ist aber auch, einen Blick in die Zukunft zu werfen: Wie sieht die künftige Bevölkerungsentwicklung aus? Werden neue Wohngebiete ausgewiesen? Siedeln sich womöglich weitere Arbeitgeber an oder ziehen weg? Auch Ärzte können ihre Praxis verlegen oder ganz schließen. Ähnliches gilt für die Konkurrenzapotheken am Ort. Könnte eine weitere Apotheke eröffnen oder ist mit der Schließung einer Apotheke in der Nähe zu rechnen? Bei verkehrstechnischen Veränderungen ist es oftmals hilfreich, sich bei der zuständigen Gemeinde nach dem aktuellen Bebauungsplan zu erkundigen.
Viele Faktoren spielen für die Attraktivität eines Standorts eine Rolle. Einige davon lassen sich mathematisch annährend erfassen, andere wiederum unterliegen einer subjektiven Einschätzung. Ein Gründer oder Erwerber muss genug Argumente sammeln, um ein sachlich begründetes Vertrauen in den Standort aufzubauen. Lässt sich jedoch keine positive Prognose für einen Standort herausarbeiten, sollte man zu dieser Erkenntnis stehen und die Konsequenzen daraus ziehen. /