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DPhG zur Phytoäquivalenz

Experten forden gesetzlichen Schutz

04.02.2015  09:41 Uhr

Von Dagmar Walluf-Blume, Oberursel / Welche Anforderungen sollen Phytopharmaka für eine bezugnehmende Zulassung erfüllen? Um diese Frage zu beantworten, lud die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) Experten aus Wissenschaft und Praxis sowie Hersteller und Vertreter der Zulassungsbehörden zu einem Treffen ein. Die Fachleute forderten einhellig, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu ändern, um Wissenslücken zu schließen.

Während für chemisch-synthetische Arzneistoffe ein weltweit anerkanntes Konzept für die bezugnehmende Zulassung auf Grundlage von Wirkstoffgleichheit (pharmazeutische Äquivalenz) und therapeutischer Äquivalenz, im Allgemeinen durch Bioäquivalenz belegt, etabliert ist, fehlt ein vergleichbar wissenschaftlicher Ansatz für Phytopharmaka. Das wurde auf dem von SocraTec C&S organisierten 18. »Gespräch im Zentrum« in Oberursel deutlich.

 

Wissenslücken schließen

Die Sachverständigen stellten einvernehmlich heraus, dass bei pflanzlichen Arzneimitteln bis heute teilweise noch beträchtliche Erkenntnislücken bestehen. Im Interesse der betroffenen Pa­tienten, aber auch der behandelnden Ärzte und der beratenden Apotheker sollten diese Wissensdefizite dringend abgebaut werden. Diese können die Wirksamkeit betreffen, die in vielen Fällen nach den heutigen Standards als nicht ausreichend klinisch belegt anzusehen ist, aber auch bisweilen Aspekte der Arzneimittelsicherheit.

 

In diesem Sinne richteten sie einen nachdrücklicher Appell an die verantwortlichen pharmazeutischen Unternehmen, aber auch die Wissenschaftler in Hochschulen und Forschungseinrichtungen, hier ihre Anstrengungen erheblich zu intensivieren. Gleichzeitig stellten sie aber auch heraus, dass die derzeitigen Rahmenbedingungen für entsprechende Initiativen nicht befriedigend sind. Das gilt sowohl für die wissenschaftlichen Institute, deren beschränkte Forschungsbudgets oft keine ausreichende finanzielle Grundlage für die hier erforderlichen Forschungsprojekte bieten, als auch für die pharmazeutische Industrie, die zwar grundsätzlich zu einem entsprechenden Investment im Rahmen der Arzneimittelentwicklung bereit ist, aber verständlicherweise eine angemessene Refinanzierungsmöglichkeit erwartet. Letztere ist aber nur realisierbar, wenn die dabei erarbeiteten Erkenntnisse auch über einen ausreichend langen Zeitraum exklusiv genutzt werden können.

 

Unterlagenschutz ausdehnen

 

Das kann jedoch angesichts des gesetzlichen Rahmens für die Zulassung pflanzlicher Arzneimittel in Europa derzeit nicht gewährleistet werden, da nach Ablauf der zehnjährigen Phase einer verbreiteten Anwendung des Arzneimittels – und damit dem Erreichen des sogenannten Well-established-Use-Status – alle zur Wirksamkeit und Sicherheit des betreffenden Arzneimittels öffentlich zugänglichen Informa­tionen unmittelbar auch durch einen Zweitanmelder verwendet werden dürfen, selbst wenn diese Daten tatsächlich erst weniger als zehn Jahre alt sind. In der Runde bestand daher weitgehend Konsens, dass

 

  • der Unterlagenschutz auf Daten aus klinischen Studien zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ausgedehnt werden müsse und vor allem auch dann gewährt werden solle, wenn solche innovativen Daten erst während der Produktvermarktung erhoben würden,
  • als Voraussetzung einer bezugnehmenden Zulassung für Phytophar­maka, deren Wirksamkeit über klinische Daten belegt ist, anhand von konfirmatorischen klinischen Studien in (einer) der beanspruchten Indika­tion(en) therapeutische Äquivalenz zu belegen wäre,
  • für die Entwicklung innovativer Darreichungsformen, mit denen eine relevante therapeutische Optimierung erreicht wird, ebenfalls entsprechender Unterlagenschutz gewährt werden solle,
  • für eine bezugnehmende Zulassung in solchen Fällen einer Produktoptimierung die biopharmazeutische Vergleichbarkeit der Darreichungsformen (Test und Referenz) gezeigt werden müsse.
     

Den vollständigen Wortlaut der verfassten Resolution lesen Sie auf Seite 83. Die Vertreter der Zulassungsbehörden beteiligten sich nicht an der Konsensfindung, um eventuelle Interessenskonflikte durch eine öffentliche Positionierung zu vermeiden. /

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