Wurmmittel gegen Kopfläuse |
04.02.2013 23:14 Uhr |
Von Ulrike Viegener / Der ursprünglich gegen Wurminfektionen angewendete Wirkstoff Ivermectin zeigt zwei Studien zufolge eine hohe Wirksamkeit gegen Kopfläuse. In den USA ist bereits seit Februar 2012 eine Lotion zur topischen Anwendung zugelassen. In Deutschland wird Ivermectin bisher nur in der Veterinärmedizin eingesetzt.
Nur einmal angewendet, und schon sind mit Ivermectin in den meisten Fällen die Kopfläuse weg. Das belegen zwei randomisierte, vehikel-kontrollierte Doppelblind-Studien, in denen Ivermectin an insgesamt 765 Kindern mit Kopflausbefall getestet wurde (NEJM 367, 2012, 1687) Die Kinder waren mindestens sechs Monate alt, es mussten bei ihnen mindestens drei Kopfläuse nachgewiesen sein, und sie durften nicht vorbehandelt sein. Geprüft wurde eine 0,5-prozentige Ivermectin-Lotion. Die Lotion mit beziehungsweise ohne Wirkstoff als Kontrolle wurde einmal auf die Kopfhaut aufgetragen, wobei die Einwirkzeit zehn Minuten betrug. Anschließend wurden die Kinder über zwei Wochen hinweg auf Kopfläuse untersucht.
Geduld und mehrere Behandlungen sind nötig, wenn man Kopfläusen mit dem Läusekamm zu Leibe rücken will.
Foto: dpa
Das Ergebnis: 94,9 Prozent der behandelten Kinder waren bereits einen Tag nach der einmaligen Ivermectin-Applikation von ihren Kopfläusen befreit. Am Tag 7 nach Applikation waren es noch 85,2 Prozent, und am Tag 14 nach Applikation waren 73,8 Prozent der Kinder parasitenfrei. Im Vergleich dazu die Prozentzahlen in der Kontrollgruppe: 31,3 Prozent, 20,8 und 17,6 Prozent. Die bleibend hohe Effizienz spricht laut den Autoren der Studie dafür, dass durch Ivermectin nicht nur die adulten Läuse, sondern auch die Nissen geschädigt werden.
Mit rund 1 Prozent war die Nebenwirkungsrate sehr niedrig. In seltenen Fällen traten Irritationen an Haut und Augen auf, wobei allerdings keine Unterschiede zwischen Verum- und Kontrollgruppe feststellbar waren.
Zulassung in USA erteilt
Die einfache Anwendung sowie eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit machen Ivermectin zu einer interessanten Option für die Kopflaustherapie. Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat denn auch bereits vor rund einem Jahr für ein topisches Ivermectin-Präparat (Sklice®, 0,5 Prozent Ivermectin) der Firma Sanofi Pasteur die Zulassung erteilt. Kinder ab sechs Monate und Erwachsene dürfen mit der Lotion gegen Kopfläuse behandelt werden.
Auch hier Resistenzgefahr
In Deutschland kommt Ivermectin bislang nur in der Veterinärmedizin zum Einsatz. Der zu den Macroliden zählende Wirkstoff wird dort in erster Linie bei Infektionen mit Fadenwürmern angewendet. Eine Zulassung als Humanarzneimittel liegt in Deutschland bislang nicht vor, jedoch in den Nachbarländern Frankreich und den Niederlanden. Ivermectin wird dort als orales Anthelmintikum gegen Fadenwurmerkrankungen angewendet (Stromectol®). Auf Nachfrage der PZ teilte der Zulassungsinhaber MSD mit, dass für Deutschland derzeit kein Zulassungsantrag angestrebt wird.
Aktuell empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie bei Kopfläusen die Therapie mit Pyrethroiden wie Permethrin. Ivermectin wäre als therapeutische Alternative nicht zuletzt deshalb interessant, da Kopfläuse zunehmend Resistenzen gegen diese Standardtherapeutika entwickeln. Das genaue Ausmaß der Resistenzproblematik in Deutschland ist allerdings nicht systematisch untersucht.
Im Editorial des British Medical Journal nehmen Olivier Chosidow und Bruno Giraudeau vom Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale zu den beiden Ivermectin-Studien Stellung.
Pediculus humanus capitis – die Kopflaus
Foto: Gilles San Martin
Sie sprechen sich – trotz des günstigen Rundum-Profils – gegen eine Anwendung von Ivermectin als First-Line-Therapie bei den immer noch weit verbreiteten Kopfläusen aus. Vielmehr sollte nach ihrer Meinung der in dieser Indikation neuartige Wirkstoff für Fälle reserviert bleiben, die auf herkömmliche Medikamente nicht ansprechen. Bei einem breiten Einsatz sei die Gefahr groß, dass Kopfläuse auch gegen Ivermectin resistent werden. Genau das ist bereits bei anderen Endo- und Ektoparasiten passiert, gegen die das Macrolid im großen Stil eingesetzt wurde. /