Lehren aus der Schweinegrippe |
05.02.2013 17:56 Uhr |
Von Anna Hohle, Berlin / Muss die Bekämpfung von Pandemien wie dem Influenza-A-Virus H1N1 (»Schweinegrippe«) zukünftig besser koordiniert werden? Mit dieser Frage hat sich in der vergangenen Woche der Gesundheitsausschuss des Bundestags beschäftigt.
Er lud dafür zahlreiche Experten des Gesundheitswesens zur öffentlichen Anhörung. Anlass war ein Antrag der Grünen aus dem Jahr 2010: Sie hatten unter anderem gefordert, Pandemiepläne je nach Verlauf der Erkrankungswelle flexibel anzupassen und Verträge mit Herstellern von Pandemieimpfstoffen offenzulegen. Auch plädierten sie für unabhängige Studien zu Impfstoffen und antiviralen Mitteln sowie unabhängige Beratergremien.
Über den Impfstoff gegen H1N1 war 2009/2010 sehr uneinheitlich berichtet worden. Dies habe zu Verwirrung und Impfmüdigkeit geführt, kritisierten Experten.
Foto: dpa
Die Vertreter der maßgeblich beteiligten Institute sowie der Herstellerverbände äußerten sich weitgehend zufrieden mit dem Verlauf der H1N1-Bekämpfung in der Saison 2009/2010. Deutschland sei damals insgesamt gut aufgestellt gewesen, sagte Reinhard Burger vom Robert-Koch-Institut (RKI). Die Produktion großer Mengen von Impfstoff anzuregen, sei zu diesem Zeitpunkt der einzige Weg gewesen, »den ein verantwortliches Institut beschreiten konnte«. Die frühe Einschätzung von Pandemieverläufen sei äußerst schwierig, sagte Burger. Damals habe man jedoch sehr rasch reagiert.
Diese Einschätzung teilte auch der Vertreter der Schutzkommission beim Bundesinnenministerium, René Gottschalk. Vor allem im Vergleich mit anderen Ländern wie den USA und Großbritannien seien in Deutschland »alle Maßnahmen mit Sicherheit richtig« gewesen, sagte er. Gottschalk zufolge hätte damals sogar noch mehr Impfstoff geordert werden müssen.
Kritik gab es vor allem an der damaligen Kommunikation zum Virus und zum Impfstoff gegen H1N1. Sogar der RKI-Vertreter räumte hier Versäumnisse ein. Gerd Antes vom Deutschen Cochrane Zentrum warf dem RKI vor, viel Verwirrung gestiftet zu haben. Zukünftig müsse man einheitlich und unaufgeregt argumentieren und sich bei der Produktionsmenge am Krankheitsverlauf auf der Südhalbkugel orientieren. Dieser sei 2009 einfach ignoriert worden. Man dürfe Impfstoffe nie wieder »blindwütig einkaufen«, sagte Antes. Im Hinblick auf den zukünftigen Einsatz des Grippemittels Oseltamivir (Tamiflu®) regte er an, das Mittel müsse endlich eine frühe Nutzenbewertung durchlaufen.
Mangelnde Transparenz
Wolfgang Wodarg von Transparency International Deutschland kritisierte, es habe 2009 eine »unselige Verquickung zwischen Industrie, öffentlichem Gesundheitsdienst und Politik« geherrscht. Ein solcher »Marketingfeldzug« sei nicht hinnehmbar. Künftig dürften Hersteller zwar in die Expertengremien geladen werden, dort jedoch nicht mitreden. /