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Kundenbindung

Beziehungspflege à la carte

29.01.2008  13:58 Uhr

Kundenbindung

Beziehungspflege à la carte

Von Klaus Körber

 

Dauerhaft gebundene Kunden sind loyal und gegenüber Abwerbungsattacken der Konkurrenz resistenter. An einer solchen Kundenbindung muss ständig gearbeitet werden. Der Aufwand dafür ist nicht unerheblich. Deshalb muss der Nutzen messbar sein.

 

Es müssen Kennzahlen gefunden werden, die den Nutzen des Aufwandes für die Pflege der Kundenbeziehung sichtbar machen. Eine solche Größe kann der »Kundenwert« sein. Er sagt etwas darüber aus, wie viel ein einzelner Kunde oder eine Kundengruppe zum Gesamtergebnis der Apotheke beiträgt.

 

Wie kommen wir zu messbaren Ergebnissen? Die Antwort ist einfach: Über die Kundenkarte. Nur sie bietet die Gewähr, dass die Kundenumsätze so vollständig wie möglich erfasst werden. Solange es keine anderen Informationsträger gibt und auch noch offen ist, ob diese überhaupt zu solchen Zwecken in der Apotheke ausgewertet werden dürfen, sollten möglichst viele Kunden von den Vorteilen der Kundenkarte überzeuget werden.

 

Nach Schätzungen der Treuhand  haben 70 bis 80 Prozent der Apotheken ein solches System installiert. Oft verfügt jeder dritte bis vierte Apotheken-Kunde über eine Karte. Auch wenn nicht alle Kunden der Apotheke dafür gewonnen werden können, sollte das nicht zu einer Ablehnung der Kundenkarte führen.

 

Bereits die Nutzung des vorhandenen Bestandes bringt die Apotheke bei der Kundenbindung weiter. Die meisten Stammkunden, die sich durch eine solide und stabile Beziehung zur Apotheke auszeichnen und deshalb auch intensiv »gepflegt« werden,  besitzen eine Kundenkarte.

 

Informationsvorteil durch Datenbank

 

Die Kundenbindung ist für sich allein schon ein wichtiger Vorteil, die Schaffung einer umfassenden Datenbank hat darüber hinaus zusätzlichen Wert. In vielen Apotheken wird nämlich der Bindungsaspekt hochgehalten, der Informationsvorteil aber nicht gesehen oder nicht genutzt. Welche Informationen können das sein?

 

Soweit es dem Verfasser bekannt ist, bieten viele der heute eingesetzten Warenwirtschaftssysteme die Möglichkeit, den mit Kundenkarteninhabern getätigten Umsatz für einen vorgegebenen Zeitraum festzustellen. So lässt sich auch der Anteil am Gesamtumsatz ermitteln.

 

Ein Beispiel: Der Netto-Umsatz mit Kundenkarteninhabern betrug vom 2. Januar bis 30. Dezember 900.000 Euro. Der Gesamtumsatz im selben Zeitraum 2007 belief sich auf 1.500.000 Euro. Der Anteil des Umsatzes, der mit Kundenkarteninhabern getätigt wurde, beträgt 60 Prozent des Gesamtumsatzes.

 

Interessant ist  die Veränderung dieses Anteils im Zeitablauf. Auch die Anzahl der Karteninhaber und ihre Veränderung sowie der Umsatz pro Karteninhaber sind errechenbar. Auffällig ist, dass mit Karteninhabern ein überproportionaler Anteil am Umsatz erwirtschaftet wird. Sie kaufen pro Besuch mehr und teurer ein: im Schnitt 2,5 Artikel für zusammen 45 bis 50 Euro. Der durchschnittliche Korbumsatz je »Normal-Kunde« liegt mit rund 30 Euro weit darunter. Das zeigt auch das folgende Beispiel: Per 30. Dezember 2007 hatte eine Apotheke 3000 Kundenkarteninhaber. Zum selben Stichtag wurden 20.000 Kontakte mit Kundenkarteninhabern registriert. Der Netto-Umsatz mit Kartenbesitzern belief sich zwischen dem 2. Januar und dem 30. Dezember 2007 auf 900.000 Euro.

 

Jeder Karteninhaber bescherte der Apotheke also pro Jahr 300 Euro Umsatz. Bei jedem Kontakt mit einem Karteninhaber machte die Apotheke im Schnitt 45 Euro Umsatz. Sowohl die Veränderung der Anzahl der Karteninhaber wie auch des Umsatzes pro Karteninhaber sind interessante Kennzahlen. Sie lassen Rückschlüsse auf den Erfolg von Maßnahmen zu.

 

Die 50 Top-Kunden identifizieren

 

Der Kundenwert spiegelt sich im Umsatz und in der Absatzmenge je Karteninhaber wider. Über geeignete Suchprozesse können aus der Apotheken-EDV die »Top-Kunden« und die wirtschaftlich lohnenden Kundensegmente ermittelt werden.  Chef und Mitarbeiter sollten die 50 »Top-Kunden« der Apotheke kennen. Sie lassen sich beispielsweise leicht nach Umsatz und Rohgewinn auswählen. Hilfe bei der erstmaligen Erstellung der Auswertung bietet der EDV-Partner.

 

Systematisch auf der Grundlage von Kundenkarten aufgebaute Dateien liefern weitere Vorteile, um Maßnahmen zur Kundenbindung umzusetzen. So lässt sich feststellen, welche neuen Kunden in einem definierten Zeitraum dazugekommen sind, deren Bindung zur Apotheke zum Beispiel durch ein sehr persönliches Begrüßungs-Mailing noch gefestigt wird.

 

Andererseits können die Kunden herausgefiltert werden, die lange nicht mehr in der Apotheke waren. Sie können beispielsweise telefonisch kontaktiert werden, um die Chance einer Rückgewinnung auszuloten. Auch für die Bildung von anderen Zielgruppen, etwa nach Indikationen, ist die Kartendatei eine zuverlässige Quelle. Zu denken wäre hier an das Potenzial für »Cross-Selling-Kunden«.

 

Der »Lebensumsatz« als Maßstab

 

Meistens wird auch heute schon der Kundenwert als wirtschaftliche Größe für eine längere Zeitperiode, zum Beispiel für ein Jahr, definiert. Dies bedeutet, dass Umsatz und Ertrag der Kundenbeziehung für ein Jahr ermittelt werden. Vorstellbar wäre auch, den wirtschaftlichen Ertrag von vornherein für einen noch längeren Zeitraum zu projektieren, etwa für die nach Angaben der Kundendatei durchschnittliche Dauer der Kundenbeziehung. So ließe sich einerseits ermitteln, welchen Gesamtnutzen dieser Kunde für die Apotheke erwarten lässt, andererseits, welcher Ertragsverlust mit einer Abwanderung verbunden ist. Solche Erkenntnisse lassen die Kosten für Maßnahmen zur intensiven Kundenbindung in einem noch günstigeren Licht erscheinen.

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