Pharmazeutische Zeitung online

Ansehen nicht verspielen

29.01.2007  11:32 Uhr

Ansehen nicht verspielen

Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz wird mit großer Sicherheit in dieser Woche im Bundestag beschlossen, auch wenn am Montag noch kritische Stimmen aus beiden Koalitionsfraktionen zu hören waren. Auch die Mehrheit der Länderkammer wird zustimmen. Vielleicht enthalten sich die Länder, in denen die Koalitionsparteien mit der FDP regieren. Trotzdem ist die Mehrheit gesichert. Es steht allerdings noch immer nicht fest, wie das deutsche Gesundheitswesen zukunftssicher finanziert werden soll. Auch ist unsicher, ob von den privaten Krankenversicherungen mit einer Verfassungsklage das Gesetz aufgehalten wird. Und niemand kann mit Sicherheit sagen, ob der Bundespräsident dem Gesetz zustimmt.

 

Was die Apotheken anbelangt, ist mit den Streichungen der Höchstpreise und der geplanten Möglichkeit für Apotheken, auf Zuzahlungen zu verzichten, die Beibehaltung des einheitlichen Apothekenabgabepreises für verschreibungspflichtige Arzneimittel (vorläufig) garantiert. Damit hat die Politik und insbesondere der Gesundheitsminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann (lesen Sie dazu unser Interview), einen unsinnigen, existenzbedrohenden Preiswettbewerb unter den Apotheken verhindert.

 

Die Träume von Ralf Däinghaus und DocMorris von einer deutschen Filiale preisgünstiger verschreibungspflichtige Arzneimittel zu versenden, sind damit auch geplatzt. Eigentlich könnte er seine Saarbrücker Filiale schließen. Auch Johannes Mönter wird mit seinem Versandhandel Sanicare ins Ausland gehen müssen, um preislich mit den ausländischen Versandhändlern konkurrieren zu können.

 

Es ist erfreulich, dass quasi in letzter Minute sich Politiker daran erinnert haben, dass die Stütze der deutschen Wirtschaft die mittelständischen Unternehmen sind. Dazu gehören auch die Apotheken. Vielleicht hat auch die Entwicklung in Norwegen überzeugt, dass sich Oligopole im Apothekenwesen nicht an Versorgungsaufträgen, sondern an den betriebswirtschaftlichen Ergebnissen orientieren und damit nicht unbedingt eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung garantieren.

 

Umso unverständlicher ist es, dass einige Apothekerinnen und Apotheker - aus welchen Beweggründen auch immer, vielleicht aus Angst - ihren guten Namen und ihre Unabhängigkeit aufgeben und dafür neben einer einmaligen Summe von 5000 Euro auch noch monatlich 1500 Euro bezahlen, um DocMorris-Marktpartner-Apotheke zu werden. Wozu, kann ich da nur fragen. Betriebswirtschaftlich ergibt das keinen Sinn. Schnäppchenapotheken werden das Image der deutschen Apotheke als unverzichtbares Versorgungszentrum im Gesundheitswesen nicht stärken. Dieses Image hat übrigens die Politik bewegt, im Sinne der Apotheken sich beim GKV-WSG für die Streichung der Folterinstrumente einzusetzen. Dieses Ansehen in der Politik sollte man nicht aufs Spiel setzen.

 

 

Prof. Dr. Hartmut Morck

Chefredakteur

Mehr von Avoxa