Erhaltungstherapie mit Rituximab |
30.01.2006 11:48 Uhr |
Erhaltungstherapie mit Rituximab
von Kerstin A. Gräfe, Frankfurt am Main
Eine zweijährige Erhaltungstherapie mit Rituximab bewirkt eine deutliche Verbesserung der Überlebenschancen von Patienten mit langsam verlaufendem Non-Hodgkin-Lymphom. Zudem verbessert der monoklonale Antikörper die Therapie von aggressiven Lymphomen. Dies belegen zwei aktuelle Studien.
Die Prognose für Patienten mit einem langsam verlaufenden (indolenten) Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) war lange Zeit schlecht. Die Erkrankung ist nicht heilbar und verläuft nach acht bis zehn Jahren tödlich. Aktuelle Studiendaten zum kombinierten Einsatz einer Chemotherapie mit dem monoklonalen Antikörper Rituximab (MabThera®) zeigen, dass die Kombinationstherapie zu einem deutlichen Überlebensvorteil führt. »Erstmalig scheint zumindest für einige Patienten das Ziel der Heilung in erreichbare Nähe zu rücken«, sagte Professor Dr. Wolfgang Hiddemann, Direktor der Medizinischen Klinik/Poliklinik III am Universitätsklinikum München-Großhadern, auf einer von Hoffmann-La Roche ausgerichteten Veranstaltung.
An der internationalen Phase-III-Studie nahmen 465 Patienten mit einem therapieresistenten oder erneut aufgetretenen indolenten Non-Hodgkin-Lymphom teil. Sie erhielten entweder als Einleitungstherapie 6 Zyklen einer Chemotherapie mit den Zytostatika Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison (CHOP-21, das heißt alle drei Wochen) oder CHOP plus Rituximab (R-CHOP-21). Im Anschluss an die Behandlung wurden die Patienten erneut randomisiert: Sie bekamen entweder zur Erhaltungstherapie Rituximab, das alle drei Monate als Einzelinfusion (375 mg/m2) appliziert wurde, oder keine weitere Therapie (»wait and see«, Beobachtungstherapie).
Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) sind bösartige Erkrankungen des lymphatischen Gewebes. Man unterscheidet zwei Gruppen:
Für das aggressive, hoch maligne NHL sind die sich schnell teilenden Krebszellen im Bereich der Lymphknoten typisch. Durch eine Chemotherapie bildet sich die Erkrankung in frühen Stadien praktisch bei allen und selbst im fortgeschrittenen Stadium bei rund 60 Prozent der Patienten vollständig zurück. Die Standardchemotherapie folgt dem CHOP-Schema, das aus den Zytostatika Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison besteht und gegebenenfalls um Etoposid (CHOEP) oder Rituximab (R-CHOP) erweitert werden kann. Laut neuesten Daten sollten 6 R-CHOP-Zyklen anstatt der bisher üblichen 8 verabreicht werden.
Beim schmerzlosen, indolenten Lymphom teilen und vermehren sich die Krebszellen nur langsam, was das Erkennen der Krankheit erschwert. Da die sich langsam teilenden Zellen weniger sensibel auf Zytostatika reagieren, wird eine Chemotherapie erst eingesetzt, wenn sich Beschwerden oder Komplikationen ergeben. Hauptrolle im Behandlungskonzept spielt hier die Strahlentherapie. Indolente Lymphome in den Stadien I und II sind damit oft heilbar. Im fortgeschrittenen Stadium erlauben Chemotherapie und/oder Bestrahlung derzeit nur eine vorübergehende, wenn auch manchmal lang anhaltende Stabilisierung des Krankheitsverlaufes.
Nach zwei Jahren verlängerte sich unter der Erhaltungstherapie mit Rituximab die Überlebenszeit ohne ein Fortschreiten der Erkrankung um etwa drei Jahre. Die Patienten der Verumgruppe lebten im Mittel noch 52 Monate, verglichen mit 15 Monaten in der Beobachtungsgruppe (p = 0,0001). Auch die Überlebensrate konnte unter der Rituximab-Erhaltungstherapie signifikant verlängert werden (p = 0,011). Der Hersteller Hoffmann-La Roche hat auf Grund dieser Ergebnisse den Zulassungsantrag zur Erhaltungstherapie eingereicht.
NHL bald heilbar?
Ob mit der neu gewonnenen Therapiemöglichkeit tatsächlich eine Heilung der Erkrankung möglich ist, soll eine von der GLSG (Deutsche Studiengruppe Niedrigmaligne Non-Hodgkin-Lymphome) und OSHO (Ostdeutsche Studiengruppe Hämatologie/Onkologie) initiierte internationale Studie klären, die im Frühsommer dieses Jahres startet. In dieser Studie sollen alle Therapiebausteine miteinander kombiniert werden, die sich im Rahmen evidenzbasierter Studien als effektiv erwiesen haben. Diese »Total Therapy« umfasst eine initiale Kombination von Rituximab und Chemotherapie, eine sich daran anschließende Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation und eine nachfolgende Erhaltungstherapie mit Rituximab. Der Vergleichsarm prüft die Effektivität einer alleinigen Rituximab-Chemo- mit nachfolgender Rituximab-Erhaltungstherapie.
Auch bei aggressiven NHL-Formen
Patienten mit aggressiven Non-Hodgkin-Lymphomen haben auch in fortgeschrittenem Alter und bei ungünstigen prognostischen Faktoren eine hohe Wahrscheinlichkeit, durch eine adäquate Therapie geheilt zu werden. Derzeitiger Standard ist das CHOP-Regime im zweiwöchigen Abstand (CHOP-14). Inwieweit eine zusätzliche Gabe von Rituximab die Wirksamkeit weiter verbessern kann, war unter anderem Gegenstand der RICOVER-60-Studie, an der über 1200 Patienten mit unbehandeltem aggressiven Non-Hodgkin-Lymphomen im Alter von 61 bis 80 Jahren teilnahmen. Des Weiteren wurde in der Studie die Gabe von 6 Zyklen CHOP-14 mit der von 8 Zyklen CHOP-14 verglichen. »Die mit der Kombination aus 6 Zyklen CHOP-14 plus Rituximab erzielten Ergebnisse sind die weltweit besten, die je bei älteren Patienten erreicht wurden«, fasste Professor Dr. Michael G. Pfreundschuh, Direktor der Inneren Medizin I am Universitätsklinikum in Homburg (Saar) und Leiter der RICOVER-60-Studie, das Ergebnis zusammen. Er plädierte deshalb dafür, dass 6 Zyklen Chemotherapie in Kombination mit Rituximab den Standard für zukünftige Studien mit älteren Patienten bilden sollten und nicht die von vielen bisher als Standard betrachteten 8 Zyklen Chemotherapie.