Pharmazeutische Zeitung online
Abiturienten-Befragung

Pro und Kontra Pharmaziestudium

22.01.2014  10:24 Uhr

Von Andreas Kaapke / Die Frage des Nachwuchses in den Apotheken ist ein in der Vergangenheit häufig vernachlässigtes Thema. Neben den demografischen Entwicklungen sind auch die nicht immer besonders attraktiv anmutenden wirtschaftlichen Entwicklungen für Apotheker maßgeblich dafür verantwortlich, dass flächendeckend etwas zur Stärkung des Berufsbildes unternommen werden sollte. Mehr als 500 Abiturienten wurden 2013 zu diesem Themenkomplex befragt.

Ausgewählte Gymnasien wurden von Prof. Kaapke Projekte angesprochen und dann der gesamte Jahrgang mit den Fragebögen versehen. Zunächst wurden die Zwölftklässler befragt, welche Pläne sie nach dem Abitur haben. Mehr als 80 Prozent von ihnen plant demnach ein Studium. In einem zweiten Schritt wurden jene, die ein Studium planen, gefragt, welches Studium sie angehen wollen. Ungestützt, also ohne jede Vorgabe, wurde das Pharmaziestudium nur von insgesamt 3,4 Prozent genannt. Das bedeutet, dass nur etwa jeder 30. Abiturient, der studieren will, überhaupt an ein Pharmaziestudium denkt. 

Bedenkt man, dass nicht jeder Abiturient studieren will, läuft es darauf hinaus, dass nur rund jeder 40. Abiturient Pharmazie aktiv genannt hat. Gestützt, also mit Nennung des Studiengangs Pharmazie, erhöht sich dieser Anteil spürbar. Hier sagen 16 Prozent der Studierwilligen allgemein, dass Pharmazie infrage kommt. Daraus lässt sich ableiten, dass eine aktive Ansprache von Abiturienten durchaus erfolgreich sein könnte.

 

Warum kein Pharmaziestudium

 

Um abschätzen zu können, welche Gründe gegen ein Pharmaziestudium sprechen könnten, wurde die Frage gesplittet. Zum einen wurden Gründe das Studium selbst betreffend abgefragt, zum anderen ganz allgemeine Gründe. Hauptgrund bei den Gründen das Studium selbst betreffend liefert das Statement »ich habe mir niemals Gedanken um ein Pharmaziestudium gemacht« aber auch die Zuordnung des Pharmaziestudiums zu den naturwissenschaftlichen Fächern, die nicht infrage kommen, oder der zu hohe Numerus clausus sind gewichtige Gegenargumente. Weniger bedeutsam wird der Grund bewertet, das Studium sei zu aufwendig.

 

Bei den Gründen den späteren Beruf betreffend wurde deutlich, dass viele nicht als Apotheker arbeiten möchten. Mehr als 80 Prozent der Befragten gaben an, dass dies ein sehr starker oder eher starker Grund ist, ein Pharmazie -studium nicht in Erwägung zu ziehen. Ebenfalls wurde genannt, dass man weder in der pharmazeutischen Industrie noch in Wissenschaft und Forschung arbeiten möchte. Eher unbedeutsam erschien der Grund, dass die Möglichkeiten einen attraktiven Arbeitsplatz zu finden als unterdurchschnittlich angesehen werden. Dies meinten nur etwa 20 Prozent der Befragten mit sehr stark oder eher stark.

 

Konkret auf den Beruf des Apothekers bezogen waren die Antworten eher zurückhaltend. Hier gab es keine wirklich starken Gründe, die gegen den Apothekerberuf sprachen. Zusammengefasst kann daraus abgeleitet werden, dass das Potenzial höher ist als dies gegenwärtig ausgeschöpft wird, sodass eine Imagekampagne an Gymnasien durchaus die Nachwuchsrekrutierung befeuern könnte.

 

Um abschätzen zu können, worauf die Einschätzungen der befragten Probanden basieren, wurde nach den Informationsquellen gefragt. Auch hier waren Mehrfachantworten denkbar. Neben dem allgemeinen Wissen mit 82,7 Prozent sind vor allem die Erzählungen aus dem näheren Umfeld sowie Presseartikel maßgeblich. Auch die Berufsberatung spielt mit 17,3 Prozent eine wichtige Rolle. Die Erzählung von Apothekern selbst bleibt hier etwas zurück. Auch hier gibt es offenbar noch eine Menge Potenzial, um die Unkenntnis oder Falschkenntnis zu verbessern beziehungsweise zu korrigieren.

 

Warum ein Pharmaziestudium

 

Gab es einerseits einige Argumente, sich gegen ein Pharmaziestudium auszusprechen, so fanden sich bei der Umfrage andererseits auch Beweggründe für das Pharmaziestudium. Die Antworten derjenigen, die Pharmazie in der engeren Wahl haben, sind daher auch von großem Interesse. Allen voran ist bei den Argumenten das Studium selbst betreffend das Interesse am Studium mehrerer naturwissenschaftlicher Fächer zu nennen. Dies gaben 36,9 Prozent mit sehr stark und weitere 41,1 Prozent mit eher stark an. Auch die Ansicht, dass nach dem Studium der Pharmazie vielfältige berufliche Tätigkeitsfelder offenstehen, wurde hinreichend oft genannt, ebenso die Vermutung an einem hohen Anteil an praktischen Arbeiten.

 

Diejenigen Schüler, für die ein Pharmaziestudium infrage kommt, wurden darüber hinaus nach ihren langfristigen Berufszielen befragt. Hier dominiert eindeutig eine Beschäftigung in der Industrie vor einer universitären Laufbahn. Interessant ist es auch zu sehen, dass das Ziel selbstständiger Apothekeninhaber zu werden, nur leicht mehr Zuspruch erhalten hat als der Berufswunsch Filialleiter. Angestellter Apotheker in einer Apotheke ohne Leitungsfunktion bildet allerdings das Schlusslicht. Eine Reihe von Gründen wurden für das Berufsziel Apotheker abgefragt. Allen voran wurde das Statement »ich möchte gerne Menschen helfen« mit knapp 85 Prozent sehr stark oder eher stark als Antwort genannt. Die abwechslungsreiche Tätigkeit, der tägliche Kontakt mit Menschen und die Aussicht auf einen krisensicheren Job folgen auf den nächsten Plätzen.

 

Fazit

Schon heute fällt es Apotheken schwer, Apo­theker zu akquirieren. Dies mag in ur­ban­en Großräumen noch zu kompensieren sein, je ländlicher die Region umso drama­ti­scher wird das Problem. Dabei sind gerade Attribute wie helfen können, ab­wechs­lungs­reich, Vielfalt an Tätigkeiten und vermeint­liche Krisensicherheit Eigenschaf­ten, die in Apo­the&shy,ken nicht nur vermutet werden, son­dern vielfach bestätigt sind. Oft sind es Unkenntnis und mangelnde Öffentlichkeit, die das Pharma­zie­studium hinten run­ter­fal­len lassen. Bis­wei­len ist die oft böswillige und fehlerhafte Bericht­er­stattung in Funk und Fernsehen sowie in der Publikums­presse schuld an einem Apothekerbild, das sich weit von der Realität bewegt.

 

Das neu zu erstellende Leitbild für die deutschen Apotheken muss sich gerade auch der Phänomene Nachwuchs und Nachfolge annehmen, will es die Eigenschaft zukunftstauglich attestiert bekommen. Die Millionen, die gegenwärtig für eine breite Imagekampagne im Gespräch sind, wären auch an dieser Stelle sinnvoll eingesetzt, denn was würde es nützen, am Ende eine breite Öffentlichkeit und auch die Politik wieder etwas stärker an die deutsche Apotheke heranzuführen, wenn zu guter Letzt kein Nachwuchs bereit ist, eine Apotheke zu führen. Noch rollt der Zug langsam in die falsche Richtung, nimmt er erst Fahrt auf, reichen einfache Weichenstellungen nicht mehr aus, dann sind komplette Richtungswechsel und Vollbremsungen gefragt. /

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