Ruhe bewahren |
16.01.2018 14:03 Uhr |
Achtung! Die Lektüre des folgenden Artikels könnte Ihre Gesundheit gefährden. Mit diesem Warnhinweis möchte man am liebsten so manchen Beitrag über Gesundheitsthemen in den Publikumsmedien versehen. Zwei Beispiele aus der vergangenen Woche: Ibuprofen gefährdet die Zeugungsfähigkeit von Männern, und Paracetamol in der Schwangerschaft führt beim weiblichen Nachwuchs zu einer Verzögerung der Sprachentwicklung (lesen Sie dazu auch Neue Studie zu Paracetamol bei Schwangeren und Zeugungsfähigkeit: Ibuprofen beeinflusst Hormonspiegel).
Bei näherer Betrachtung halten beide Studien nicht, was ihre Überschriften versprechen. Im Fall der Ibuprofen-Studie lässt sich wegen der geringen Fallzahl von lediglich 31 Probanden und des außerordentlich wirklichkeitsfernen Studiendesigns – welcher junge Mann nimmt schon sechs Wochen lang täglich 1200 mg Ibuprofen ein? – aus dem Ergebnis keinerlei Aussage für die Praxis ableiten. Im Fall der Paracetamol-Studie war zwar die Fallzahl höher, doch die Art der Erfassung des Paracetamol-Gebrauchs per Fragebogen fehleranfällig. Auch muss die Relevanz des Ergebnisses hinterfragt werden: Eine verzögerte Sprachentwicklung kann zwar auf eine zugrundeliegende neuropsychiatrische Störung hinweisen, muss das aber keineswegs. Ohnehin ist die Bandbreite, wann Kinder zu sprechen anfangen, groß. Das zeigt allein schon der Vergleich zwischen Jungen und Mädchen in der Studie.
Wer solche Schwächen im Studiendesign nicht bemerkt, neigt dazu, die Aussagekraft von Untersuchungen wie diesen zu überschätzen. Eine griffige, um nicht zu sagen reißerische Überschrift ist dann schnell gefunden. Die Folgen können fatal sein, wenn Patienten aufgrund solcher Artikel eigentlich sichere Medikamente aus Angst nicht mehr einnehmen. Das gilt gerade für Schwangere, denen heute ohnehin schon von allen Seiten gesagt wird, wie sie sich zu verhalten haben, was sie zu essen haben und was sie absolut nicht tun dürfen.
Uns Apothekern kommt hier die wichtige Aufgabe zu, verunsicherte Patienten fachkundig zu beraten und ihnen unnötige Ängste zu nehmen. Ruhe bewahren und erstmal die Fakten checken, lautet die Devise. Die beste Voraussetzung dafür bietet ein Fachwissen, das durch regelmäßige Fortbildung auf dem neuesten Stand gehalten wird, wie aktuell beim Pharmacon in Schladming.
Annette Mende
Redakteurin Pharmazie