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Ebola

Neuer Fall stellt Ende der Epidemie infrage

20.01.2016  09:32 Uhr

Von Annette Mende / Einen Tag nachdem die Weltgesundheits­organisation (WHO) die Ebola-Epidemie in Westafrika für beendet erklärt hat, ist in Sierra Leone ein Junge an Ebola gestorben. Der Fall zeigt eindrücklich, dass die Erkrankung in den betroffenen Ländern jederzeit wieder aufflammen kann.

»Wir erklären heute das Ende des Ebola-Ausbruchs in Liberia und zugleich, dass damit alle bekannten Infektionsstränge in Westafrika gestoppt wurden«, sagte Rick Brennan, WHO-Abteilungsleiter für Risikomanagement, am 14. Januar laut Nachrichtenagentur dpa. Leider wurde diese Aussage nur einen Tag später durch einen erneuten Fall in Sierra Leone infrage gestellt. Dort bestätigten zwei Tests, dass ein Junge an der Infektion gestorben war. Die Epidemie schien in Sierra Leone bereits seit längerer Zeit überwunden, als letztes der drei betroffenen Länder war Liberia als Ebola-frei eingestuft worden.

Der erneute Fall gibt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon recht, der nach der scheinbaren Überwindung der Epidemie zur stärkeren Unterstützung der betroffenen Länder aufgerufen hatte. Die staatlichen Institutionen in Liberia, Guinea und Sierra Leone bräuchten mehr Ressourcen, um den Menschen dabei zu helfen, erneute Infektionen zu verhindern. »Wir müssen mit einem erneuten Aufflammen von Ebola in den kommenden Jahren rechnen.« Die Welt müsse sich dafür besser wappnen. Auch WHO-Generaldirektorin Margaret Chan warnte: »Unsere Arbeit ist nicht beendet, Wachsamkeit ist nötig, um neue Ausbrüche zu verhindern.«

 

Nach Angaben der WHO können infizierte Überlebende das Virus noch im Körper haben und beispielsweise über Samenflüssigkeit auf andere übertragen. Dies sei bis zu sechs Monate nach einer Ansteckung möglich. Zudem seien erneute Übertragungen des Ebola-Virus von Tieren auf Menschen möglich. Daher sei in den kommenden Monaten ein effektives Überwachungssystem essenziell, um mögliche neu auftretende Infektionen rasch zu erkennen.

 

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) rief die Weltgemeinschaft auf, aus den Erfahrungen der Epidemie zu lernen, um auf ähnliche Ausbrüche in Zukunft besser vorbereitet zu sein. »Die Antwort auf Ebola war nicht durch einen Mangel an internationalen Mitteln beschränkt, sondern durch den mangelnden politischen Willen, schnell Unterstützung zu leisten«, sagte Joanne Liu, internationale Präsidentin von MSF. Die Organisation, die im Sommer 2014 auf dem Gipfel der Epidemie fast 4000 lokale und mehr als 325 inter­nationale Mitarbeiter im Einsatz hatte, setzt ihre Arbeit in Liberia, Sierra Leone und Guinea fort und betreibt Kliniken für Ebola-Überlebende.

 

Lehren aus der Epidemie

 

An der Ebola-Epidemie in Westafrika sind insgesamt mehr als 11 300 Menschen gestorben. Seit dem Auftreten des ersten Falls im Dezember 2013 waren im Verlauf der Epidemie mehr als 28 000 Menschen erkrankt. Am Anfang hätte es niemand für möglich gehalten, dass ein Ebola-Ausbruch dieses Ausmaß annimmt, schreibt Erika Check Hayden auf der Nachrichtenseite »Nature News«. Sie sieht darin eine von sieben Lehren aus den Ereignissen: Die zunehmende Urbanisierung und Mobilität der Menschen könnte auch anderen Infektionskrankheiten zu einer raschen Verbreitung verhelfen (DOI: 10.1038/nature.2016.19138).

 

Zudem habe der Ausbruch gezeigt, dass die Welt für eine Krise dieses Ausmaßes nicht gewappnet sei. Insbesondere die WHO als weltweit agierende Organisation sei hier nicht gut aufgestellt und habe das im Verlauf des Ausbruchs ja auch selbst eingeräumt. Leider habe sich daran trotz zahlreicher Anläufe und Appelle aber noch nichts geändert. Die Hauptlast hätten in Westafrika Nichtregierungsorganisa­tionen wie MSF, lokale Gruppen und religiöse Wohltätigkeitsorganisationen geschultert. Die Epidemie habe die ohnehin schon sehr instabilen Gesundheitssysteme in Westafrika zusätzlich geschwächt, sodass die Folgen noch Jahre zu spüren sein werden. Daher seien größte Anstrengungen zu ihrer Stärkung erforderlich.

 

Bevölkerung einbeziehen

 

Stigma und Angst in der Bevölkerung sowie ein mangelndes Verständnis der lokalen Kultur bei den ausländischen Helfern hätten entscheidend zur Verbreitung von Ebola beigetragen. Künftige Ausbrüche dieses Ausmaßes seien daher nur gemeinsam mit der Bevölkerung und vor allem mit einheimischen Führungspersönlichkeiten in Schach zu halten. Last but not least müsse die klinische Erforschung neuer Wirkstoffe künftig schneller auf den Weg gebracht werden. /

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