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ARZNEISTOFFE

Idarucizumab|Praxbind®|13|2016

STOFFGRUPPE
13 Antidota
WIRKSTOFF
Idarucizumab
FERTIGARZNEIMITTEL
Praxbind®
HERSTELLER

Boehringer Ingelheim Pharma

MARKTEINFÜHRUNG (D)
01/2016
DARREICHUNGSFORM

2,5 g/50 ml Injektions-/Infusionslösung

ATC-CODE
V03AB37
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Praxbind ist zugelassen zur Anwendung bei mit Dabigatran behandelten Patienten, wenn eine rasche Aufhebung der antikoagulatorischen Wirkung erforderlich ist. Das ist zum Beispiel der Fall bei lebensbedrohlichen oder nicht beherrschbaren Blutungskomplikationen sowie bei Notoperationen.

Wirkmechanismus

Idarucizumab ist ein humanisiertes Antikörperfragment, das mit sehr hoher Affinität an Dabigatran bindet. Dabei ist die Affinität etwa um das 300-Fache höher als die Bindungsaffinität von Dabigatran zu Thrombin. Daher kann das Antidot sowohl freies als auch Thrombin-gebundenes Dabigatran abfangen. Die Wirkung tritt unmittelbar nach der intravenösen Applikation ein. 

Anwendungsweise und -hinweise

Praxbind ist ausschließlich für die Anwendung im Krankenhaus gedacht. Die empfohlene Dosis beträgt 5 g Idarucizumab in zwei aufeinanderfolgenden Infusionen über je fünf bis zehn Minuten oder als Bolusinjektion. Falls erforderlich, zum Beispiel beim Auftreten einer erneuten Blutung, kann eine weitere Dosis appliziert werden. Da die Patienten infolge der Aufhebung der Dabigatran-Wirkung dem thrombotischen Risiko ihrer Grunderkrankung ausgesetzt sind, sollte die Antikoagulation zeitnah wieder aufgenommen werden. Die Behandlung mit Dabigatran kann 24 Stunden nach der Idarucizumab-Gabe wieder aufgenommen werden, wenn der Patient klinisch stabil ist und eine ausreichende Hämostase erzielt werden konnte. Unter den gleichen Bedingungen kann auch jederzeit mit einer anderen antithrombotischen Therapie, etwa mit niedermolekularem Heparin, begonnen werden.

Wichtige Wechselwirkungen

Die pharmakokinetischen Eigenschaften von Idarucizumab und die hohe Spezifität der Bindung an Dabigatran machen klinisch relevante Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln unwahrscheinlich; diesbezügliche Interaktionsstudien wurden daher nicht durchgeführt. Die Wirkung anderer Antikoagulanzien wird durch Idarucizumab nicht beeinflusst.

Nebenwirkungen

Bisher wurden keine Nebenwirkungen identifiziert.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die Zulassung von Praxbind basiert auf drei randomisierten doppelblinden Phase-I-Studien sowie auf Interimsergebnissen der klinischen Phase-III-Studie RE-VERSE AD. An den Phase-I-Studien nahmen 283 freiwillige Probanden teil. Unter ihnen waren Personen mittleren und höheren Alters sowie solche mit beeinträchtigter Nierenfunktion. Die 224 Studienteilnehmer erhielten über drei Tage zweimal täglich sowie an Tag 4 einmalig 220 mg Dabigatran. Zwei Stunden danach wurde ihnen Idarucizumab in einer Dosierung von 1, 2 oder 4 g infundiert. Die fünfminütige Infusion (> 2 g) führte zu einer sofortigen, vollständigen und zwölf Stunden lang anhaltenden Aufhebung der Dabigatran-induzierten Gerinnungshemmung.

 

Die Phase-III-Studie REVERSE AD (Study of reversal effects of idarucizumab in patients on active dabigatran) untersuchte die Wirkung des Antidots bei Dabigatran-behandelten Patienten, die eine notfallmäßige Operation oder Intervention benötigen oder bei denen unkontrollierbare oder lebensbedrohliche Blutungen auftraten. Das Design der Studie war so konzipiert, dass möglichst reale Bedingungen abgebildet wurden. Eine Wiederherstellung der Hämostase wurde bei 80,3 % der auswertbaren Patienten mit schweren Blutungen erreicht. Bei 93,4 % der Patienten, die einen dringenden Eingriff benötigten, wurde eine normale Hämostase beobachtet.

Besonderheiten

Praxbind ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 °Celsius zu lagern.

Praxbind ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Praxbind kann während der Schwangerschaft angewendet werden, wenn der erwartete klinische Nutzen die potenziellen Risiken überwiegt. Ob Idarucizumab in die Muttermilch übergeht, ist nicht bekannt. Ebenso liegen bisher keine Erfahrungen zur Wirkung von Praxbind auf die Fertilität vor.

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Letzte Aktualisierung: 22.06.2020