Anzeichen kennen, Beratung anpassen |
Bei deutlichen Entwicklungsstörungen werden Autismus-Spektrum-Störungen meist mit Erreichen des sechsten Lebensjahres diagnostiziert, ansonsten oft erst im Alter von zehn Jahren. »Bei intellektuell nicht beeinträchtigten Kindern beziehungsweise wenn die nicht erfüllbaren Anforderungen an die soziale Interaktion und Kommunikation erst zu einem späteren Zeitpunkt, zum Beispiel in der Schule oder während der Ausbildung, deutlich werden, kann es zu einer verzögerten Diagnosestellung kommen«, schildert Dose. Insbesondere ein nur leicht ausgeprägter Autismus kann jahrelang unbemerkt bleiben und erst im Erwachsenenalter auffallen. Aber auch schwere autistische Störungen können unerkannt bleiben, wenn Betroffene die Defizite beispielsweise durch eine höhere Intelligenz ausgleichen oder maskieren (5).
Beobachtung und Fragebögen: Darauf basiert die Autismus-Diagnose. / Foto: Adobe Stock/Photographee.eu
Eine frühzeitige Diagnose ist jedoch wichtig, da diese einen unnötigen Leidensweg sowie Folgestörungen wie Depressionen oder Angststörungen verhindern kann. Mittlerweile gibt es im Internet eine Reihe von Autismus-Selbsttests, die eine erste Einschätzung liefern. Den Besuch beim Arzt können sie allerdings nicht ersetzen. Die Diagnose erfolgt durch Beobachtung und Fragebogenerhebung, allerdings werden verstärkt auch genetische Risikofaktoren, Biomarker sowie die Familiengeschichte miteinbezogen.
Es ist bis heute nicht möglich, Autismus zu heilen. Die Therapie besteht aus der Unterstützung der psychosozialen Entwicklung, der Förderung der allgemeinen Lernfähigkeit, der Verbesserung des sozialen Verhaltens sowie der Reduktion von Stereotypien und familiären Belastungen. Die meisten Therapieansätze sind sehr zeitintensiv (20 bis 40 Wochenstunden) und sollten möglichst früh begonnen werden. Schnelle Erfolge sind in der Regel nicht zu erwarten. Ziel ist es, die Symptome abzuschwächen und die Fähigkeiten auf- beziehungsweise auszubauen, um den Betroffenen ein möglichst selbstständiges Leben zu ermöglichen.
Ein Ansatz zur Förderung von autistischen Menschen ist der sogenannte TEACCH-Ansatz. TEACCH steht für »Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children« und bedeutet »Behandlung und Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbeeinträchtigter Kinder«. Die Methode basiert auf der Tatsache, dass viele autistische Menschen mündliche Anweisungen schlecht, visuelle Informationen dagegen gut verarbeiten können. Beispielsweise sollen Bilder und Pläne ihnen bei der räumlichen sowie zeitlichen Orientierung helfen oder Zusammenhänge von Abläufen vermitteln und dadurch das Lernen erleichtern. Ein Beispiel hierfür ist ein Tagesplan mit Bildern, um Aktivitäten oder Aufgaben in der durchzuführenden Reihenfolge abzubilden.
Eine weitere Therapieoption ist die sogenannte Applied Behaviour Analysis (angewandte Verhaltensanalyse, kurz: ABA) sowie ergänzend der Verbal-Behaviour-Ansatz (verbales Verhalten, kurz: VB), mit denen soziale und kommunikative Fähigkeiten gefördert werden. Sie basieren auf der Konditionierungstherapie, bei der erwünschtes Verhalten belohnt und unerwünschtes Verhalten wie Wutanfälle konsequent ignoriert werden.
Eine medikamentöse Therapie der Grunderkrankung steht nicht zur Verfügung. Gravierende Verhaltensstörungen oder affektive Zustände, die die Betroffenen oder ihre Umwelt zusätzlich belasten, können symptomatisch behandelt werden. Bei Angst- oder Zwangsstörungen beispielsweise können SSRI, bei Schlafstörungen Melatonin oder bei Erregungsstörungen Neuroleptika eingesetzt werden (1, 3, 13).