Antivirale Dreifachkombination zeigt Wirkung |
Was sich bei Grippe bewährt hat, scheint auch bei Covid-19 zu helfen: eine antivirale Kombitherapie. Zumindest bei leichten Fällen konnte in einer Studie ein Vorteil gezeigt werden. / Foto: NIH
Viel hilft viel. Ob dieses Motto bezüglich der antiviralen Therapie bei Covid-19 zutrifft, haben Forscher um Professor Dr. Ivan Fan-Ngai Hung vom Queen Mary Hospital in Hongkong ausprobiert und das Ergebnis des Versuchs im Fachjournal »The Lancet« veröffentlicht. Es scheint etwas dran zu sein, denn eine antivirale Dreifach-Kombination erwies sich in der offenen Phase-II-Studie einer Monotherapie als überlegen.
In der Einleitung der Publikation legen die Autoren dar, wie sie auf die Idee mit der Studie gekommen sind. Ritonavir-geboostertes Lopinavir (Kaletra®) habe sich in Kombination mit Interferon-β in vitro als wirksam gegen die SARS-CoV-2-verwandten Coronaviren SARS und MERS erwiesen. Von der Hinzunahme des ursprünglich gegen Hepatitis C entwickelten Lopinavir sei ein synergistischer Effekt zu erwarten, was sich bei SARS in einer eigenen Studie aus dem Jahr 2003 auch bewahrheitet habe (»Thorax«, DOI: 10.1136/thorax.2003.012658).
Ein Unterschied zwischen SARS und MERS auf der einen sowie SARS-CoV-2 auf der anderen Seite bestehe darin, dass die Viruslast bei Infektionen mit den erstgenannten Erregern etwa sieben bis zehn Tage nach Auftreten der Symptome ihren Höhepunkt erreiche, bei Infektionen mit dem neuen Coronavirus dagegen bereits bei Erkrankungsbeginn. In dieser Hinsicht ähnele SARS-CoV-2 dem Influenzavirus. Weil bei Grippe eine Monotherapie in der Regel weniger wirksam sei als eine Kombination mehrerer Wirkstoffe, habe man das Prinzip jetzt auch bei Covid-19 ausprobieren wollen.
An der Studie nahmen 127 erwachsene Covid-19-Patienten teil, die vom 10. Februar bis zum 20. März in einem von sechs teilnehmenden Krankenhäusern in Hongkong behandelt worden waren. Zwischen dem Erkrankungsbeginn und dem Einschluss in die Studie durften nicht mehr als 14 Tage vergangen sein. Im Verhältnis 2:1 wurden die Patienten randomisiert aufgeteilt auf zwei Behandlungsarme: Lopinavir/Ritonavir (400 mg/100 mg) alle zwölf Stunden, Ribavirin 400 mg alle zwölf Stunden und drei Dosen à 8 Millionen IE Interferon-β an jedem zweiten Tag (Kombinationsgruppe) oder ausschließlich Lopinavir/Ritonavir (400 mg/100 mg) alle zwölf Stunden (Kontrollgruppe). Auf diese Weise wurden die Patienten 14 Tage lang behandelt. Der primäre Endpunkt war die Zeit bis zur Virusfreiheit des PCR-Tests eines Nasen-Rachen-Abstrichs. Diese war in der Kombinationsgruppe mit median sieben Tagen signifikant kürzer als in der Kontrollgruppe mit zwölf Tagen.
Daran, dass kein Patient während der Studie verstarb, lässt sich erkennen, dass keine schweren Fälle dabei waren. Zudem wurden die Probanden median bereits fünf Tage nach Symptombeginn und damit sehr früh behandelt. Auf kritisch kranke Covid-19-Patienten und solche im fortgeschrittenen Stadium lassen sich die Ergebnisse somit nicht übertragen. Und auch in dem hier beschriebenen Kollektiv müssen sie noch in größeren, verblindeten Studien überprüft werden. Solche Studien sollten als Grundpfeiler jeder Kombinationstherapie Interferon-β enthalten, so die Empfehlung der Autoren.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.