Alles beginnt im Darm |
Und auch, was ein gesundes Mikrobiom auszeichnet, ist derzeit nicht geklärt. Denn die Variabilität ist enorm, nicht nur interindividuell, sondern auch auf übergeordneter Ebene. So hat etwa 2014 eine Untersuchung gezeigt, dass sich die Bakterienprofile der Darmmikrobiome gesunder Probanden abhängig von der Weltregion, in der die Menschen leben, voneinander unterscheiden.
Hinzu kommt, dass die verschiedenen Mikrobiome dynamisch sind und sich abhängig von Umgebungsbedingungen ändern. Für das Darmmikrobiom macht es etwa einen Unterschied, ob der Mensch gerade schläft, sich bewegt oder auf einem Langstreckenflug befindet, und erst recht, ob er etwas gegessen hat – und was. Abhängig von den wechselnden Anforderungen scheinen einmal die einen Mikroorganismen wichtig zu sein, dann die anderen. Deshalb ist ein entscheidender Faktor für ein gesundes Darmmikrobiom seine Diversität.
Die Realität sieht jedoch anders aus. In der industrialisierten Welt registrieren Wissenschaftler seit einiger Zeit mit Sorge, dass die Bakterienvielfalt in Körpern der Menschen zusehends schrumpft – anders als bei Menschen etwa im Amazonas-Gebiet, die sich von den Früchten, Pflanzen und Kleintieren des Regenwalds ernähren und offenbar deshalb über einen großen Artenreichtum an Mikroorganismen verfügen.
In einem internationalen Projekt soll nun gerettet werden, was noch zu retten ist: Mit einem riesigen Tresor für menschlichen Kot, dem »Microbiota Vault« – ähnlich dem Saatgut-Tresor auf Spitzbergen, wo Samen etlicher Sorten von Nahrungspflanzen aufbewahrt werden – sollen die Mikrobiome indigener Völker in einem Tunnel in den Schweizer Bergen eingelagert werden. Derzeit lagern in Tiefkühlschränken bei minus 80 Grad rund 2500 Stuhlproben, unter anderem aus Äthiopien, Laos, Puerto Rico und der Schweiz. Demnächst sollen dann Zehntausende Proben aus aller Welt in Zürich landen.