Alles beginnt im Darm |
Beste Bedingungen für ein möglichst breit aufgestelltes Ökosystem im Darm lassen sich am besten mit einer pflanzenbasierten und abwechslungsreichen Kost schaffen, da ist sich die Mikrobiomforschung heute einig. Obst und Gemüse ist dicht mit Bakterien besiedelt. Diese werden beim Verzehr mit aufgenommen und können die Artenvielfalt im menschlichen Darm erhöhen. Das zeigen etwa aktuelle Untersuchungen an der Technischen Universität Graz.
Grund für den gesundheitlichen Benefit durch ballaststoffreiche Ernährung sind darin enthaltene, unverdauliche Kohlenhydrate. Diese dienen einigen Bakterien als wichtigste Nahrungsquelle – wobei kurzkettige Fettsäuren entstehen; Acetat, Butyrat und Propionat gelten als die wichtigsten. Sie sind wesentlich dafür verantwortlich, dass die Darmschleimhaut gut gedeiht, dass sie integer bleibt und nicht durchlässig für Pathogene wird sowie darunterliegende Immunzellen so erzogen werden, dass sie regulatorische T-Zellen bilden – Hautverantwortliche für immunologische Toleranz.
Wissenschaftler der Universitätsmedizin Leipzig und des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften Leipzig haben eine ballaststoffreiche Kost unter die Lupe genommen und aktuell im Fachjournal »Gut« publiziert. Danach können Zwiebeln, Lauch, Artischocken, Weizen, Bananen und vor allem Chicoree die Zusammensetzung der Darmbakterien von Übergewichtigen so verändern, dass dies einen günstigen Einfluss auf Belohnungssignale im Gehirn und damit verbundene Essentscheidungen hat.
Eine einseitige Ernährung mit einem hohen Fast-Food-Anteil kann dagegen das Keimspektrum im Darm einschneidend verengen – und dadurch etwa Allergien begünstigen, zeigte etwa 2018 eine Untersuchung . Die Regel »artenreiches Mikrobiom = gesund« gilt im Übrigen nicht nur für den Darm, sondern auch für die Haut. So ist etwa die Haut von Patienten mit atopischem Ekzem von einer drastischen Abnahme der Bakterienvielfalt gekennzeichnet, Staphylococcus aureus dominiert und verdrängt andere Arten. Ein Ansatz für die Therapie besteht darin, probiotische Bakerienstämme in Form eines Bades auf die Haut aufzubringen und dadurch S. areus zurückzudrängen (in Activaderm®), haben Untersuchungen von Professorin Dr. Michaela Axt-Gadermann von der Hochschule Coburg ergeben.
Neurodermitis gilt auch als potenzieller Ausgangspunkt oder sogenannter Türöffner eines sogenannten atopischen Marsches. Das bedeutet, dass ein Kind mit atopischem Ekzem später auch weitere Allergien wie Nahrungsmittelallergien, Heuschnupfen und schließlich Asthma entwickelt. Hier sehen Wissenschaftler das Potenzial zur Intervention, nach dem Motto »Stopp des Ekzems bedeutet Stopp des allergischen Marsches«. Dies könnte etwa durch eine gute Hautpflege bereits von Neugeborenen mit hohem Neurodermitis-Risiko gelingen, wie eine Publikation aus dem Jahr 2021 gezeigt hat.