Aktualisierte Leitlinie setzt neue Schwerpunkte |
Ultraschall ist zur Diagnostik und Verlaufskontrolle bei Morbus Crohn aufwändigeren bildgebenden Verfahren wie Computertomografie nicht unterlegen. Für die Patienten bedeutet das eine Erleichterung. / Foto: Getty Images/NataBene
Bei Morbus Crohn handelt es sich um eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die anders als Colitis ulcerosa den gesamten Verdauungstrakt von der Mundhöhle bis zum After betreffen kann. Meist entzünden sich bestimmte Segmente, sodass sich gesunde und erkrankte Abschnitte abwechseln können. Am häufigste betroffen ist das terminale Ileum, der letzte Teil des Dünndarms. Erkrankungsgipfel bestehen zwischen dem 15. und 35. sowie zwischen dem 60. und 80. Lebensjahr.
Die Erkrankung verläuft in Schüben. Als Hauptsymptome treten Bauchschmerzen, Durchfall und Gewichtsabnahme auf, dennoch verläuft sie von Patient zu Patient mit großen Unterschieden. Oft erfordert die Diagnose Geduld und zahlreiche Untersuchungen, da die Symptome auch bei etlichen anderen Erkrankungen auftreten können. Die Behandlung kann die Erkrankung nicht heilen.
Die aktualisierte S3-Leitlinie »Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn« der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) umfasst neben der Überprüfung der bereits bestehenden Empfehlungen eine Reihe Neuerungen. »Neu an dieser Leitlinie ist, dass wir die künstliche Trennung zwischen Chirurgie und Innerer Medizin aufgehoben haben«, sagte einer der Leitlinienkoordinatoren, Professor Dr. Andreas Stallmach vom Universitätsklinikum Jena, in einer Pressemitteilung der Fachgesellschaft. »Chirurgische Therapien sind keinesfalls das letzte Mittel der Wahl.« So wird etwa bei einem isolierten Befall der Ileozökalregion (Übergang von Dünndarm und Dickdarm), kurzer Anamnese und einem fehlenden Ansprechen auf Steroide eine Resektion des entsprechenden Bereichs als gleichwertig mit einer Therapie mit Infliximab betrachtet.
Eine wichtige Neuerung findet sich auch im Bereich Diagnostik. Hier bekommen Ultraschall-Untersuchungen sowohl bei der Erstdiagnose als auch bei der Verlaufskontrolle ein größeres Gewicht. »Studien haben gezeigt, dass die Sonografie gleichwertig zu anderen bildgebenden Verfahren wie Computertomografie und Magnetresonanztomografie ist«, erläutert Professor Dr. Andreas Sturm vom DRK Klinikum Westend Berlin. Für die Patienten bedeutet dies eine große Erleichterung, da die Untersuchung rasch und ohne spezielle Vorbereitung durchführbar ist.
Ob und welche Therapiemaßnahmen im akuten Schub eingeleitet werden, sollte sich auch an objektivierbaren Kriterien zur Bestimmung der entzündlichen Aktivität orientieren. Hierfür sind neben klinischen Befunden verschiedene Laborwerte und bildgebende Verfahren erforderlich. Bei einer geringen Entzündungsaktivität kann laut Leitlinie erwogen werden, auf eine Therapie zu verzichten. Sie zitiert eine Übersichtsarbeit, wonach 18 Prozent der Patientinnen und Patienten unter Placebo eine klinische Remission erreichten.
Neu ist auch die Empfehlung, beim alleinigen endoskopischen Nachweis von entzündlichen Veränderungen keine Therapieoptimierungen mit dem Ziel einer Mukosaheilung vorzunehmen. Endoskopische Kontrollen seien laut Stallmach nur sinnvoll, wenn Patientinnen oder Patienten Beschwerden äußerten und sich aus dem Befund Konsequenzen ergäben. Dies soll für die Betroffenen nicht zuletzt die Zahl der Kontroll-Endoskopien verringern.
Ziel der Therapie ist laut Leitlinie nicht die alleinige klinische Remission, sondern eine steroidfreie Remission, eine normale Lebensqualität und eine Reduktion von Komplikationen. Zwar spielt die Mukosaheilung hierbei eine wichtige Rolle, da sie mit einer geringeren Zahl von Klinikeinweisungen und Operationen einhergeht. Jedoch bestehe derzeit Uneinigkeit über deren Definition, über das erforderliche Ausmaß der Mukosaheilung und über die hierfür erforderlichen therapeutischen Maßnahmen, so der Leitlinienkommentar. Studienergebnisse zu dieser Fragestellung werden in naher Zukunft erwartet.