ABDA leitet Stellungnahme an Bundesrat |
Ev Tebroke |
20.08.2019 17:56 Uhr |
Der Gesundheitsauschuss der Länderkammer berät am 4. September den Kabinettsentwurf zum Apotheken-Stärkungsgesetz sowie die begleitende Verordnung. / Foto: PZ/Zillmer
Der Gesundheitsausschuss der Länderkammer berät am 4. September das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) und die begleitende Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung. Die Verordnung bedarf der Zustimmung derLänderkammer, das Gesetz hingegen ist nicht zustimmungspflichtig.
Zwei Wochen vor Sitzungsbeginn hat die ABDA nun ihre Stellungnahme zu dem Reformpaket an den Bundesrat geleitet. Grundsätzlich begrüßen die Apotheker demnach das Vorhaben der Bundesregierung, die Vor-Ort-Apotheken zu stärken. »Der Gesetzentwurf ist eine tragfähige Grundlagefür eine nachhaltig und spürbar gestärkte Arzneimittelversorgung«, heißt es zum Einstieg.
»Sehr positiv« für die weitere Verbesserung derArzneimittelversorgung sei die Absicht, eine Rechtsgrundlage für zusätzliche honorierte pharmazeutische Dienstleistungen zu verankern. Das derzeitige Vergütungsvolumen von 20 Cent pro Rx-Packung halten die Apotheker jedoch für zu niedrig und fordern eine Erhöhung auf 43 Cent pro Packung. Dies sorge für eine für die Versicherten spürbare Leistungsverbesserung, sichere die langfristige Finanzierung und schaffe Vertrauen in den Aufbau pharmazeutischer Dienstleistungsstrukturen, heißt es in der Stellungnahme.
Trotz des Lobes an dem Gesetz halten die Apotheker an ihrem bestehenden Appell fest, gleiche Abgabepreise für verschreibungspflichtige Medikamente nicht nur – wie im Gesetz vorgesehen – im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu gewährleisten, sondern auch für Privatversicherte beziehungsweise Selbstzahler vorzusehen. Sie fordern daher, den Passus im §78 Arzneimittelgesetz (AMG), der die Preisbindung für EU-Versender im Rx-Bereich regelt, nicht zu streichen.
Darüber hinaus meldet die ABDA weiteren Korrekturbedarf an. So soll etwa das Zuweisungsverbot schärfer gefasst werden. Die Bundesvereinigung fordert, die Regelungen zum Schutz der freien Apothekenwahl auch auf Dritte auszuweiten. Derzeit verbietet das VOASG lediglich Apothekern, Ärzten und Krankenkassen solche Rezeptzuweisungen aus kommerziellen Interessen. Die ABDA regt daher an, in § 11 Absatz 1 Apothekengesetz(ApoG) folgenden Satz zu ergänzen: »Das Sammeln, Vermitteln und Weiterleiten von Verschreibungen auch in elektronischer Form an Apotheken und die Werbungdafür ist unzulässig, soweit dies durch Dritte geschieht, die dafür einenVorteil für sich oder andere fordern, sich versprechen lassen, annehmen oder einen solchen gewähren.«
Auch beim Thema automatisierte Abgabestationen gibt es Änderungsbedarf. Das VOASG erlaubt Apotheken derzeit unter gewissen Voraussetzungen, automatisierte Ausgabestationen für Arzneimittel zu betreiben, wenn sie sich etwa innerhalb der Betriebsräume einer Apotheke befinden. Auch für Versender sieht der Entwurf in gewissen Ausnahmen die Abgabe durch solche Stationen vor. Die ABDA regt nun an, von den weitreichende Ausnahmeregelungen abzusehen.
Aufgrund der mit dem Reformpaket auch einhergehenden Ausweitung des Botendienstes sieht die ABDA nach eigenen Angaben für solche Ausgabestationen keinen Bedarf mehr. »Vielmehr sollte angesichts der systematischen Unterschiede zwischen Versandhandel und Präsenzversorgung daran festgehalten werden, dass ein maßgebliches Kennzeichen derPräsenzversorgung der persönliche Kontakt zwischen Patienten und dem Apothekenpersonal ist.«
Sollte der Gesetzgeber die in Ausnahmen mögliche Abgabe durch Abgabefächer allerdings beibehalten wollen, so betont die ABDA, dass die laut Gesetz erforderliche Beratung nicht »regelhaft im Wege der Telekommunikation« erbracht werden dürfe. Die derzeitige Formulierung im Gesetzentwurf könne dazu führen, dass künftig auch Vor-Ort-Apotheken die telepharmazeutische Beratung im Rahmen der Präsenzversorgung als ausreichend interpretieren. Diese Form derBeratung sollte aber nur ergänzend möglich sein. Die ABDA schlägt vor, in §17 Apothekenbetriebsordnung folgende Regelung aufzunehmen: »Die Beratung kann im begründeten Einzelfall auch im Wege der Telekommunikation durch die Apotheke erfolgen; die Voraussetzungen sind zu dokumentieren.«
Um den Botendienst gegenüber dem Versandhandel zu stärken, wird er mit dem VOASG neu geregelt. Künftig soll eine Lieferung per Boten nicht mehr nur im Einzelfall, sondern grundsätzlich möglich sein. »Die Stärkung des Botendienstes sollte jedoch nicht dazu führen, dass Dritten die Möglichkeit eröffnet wird, in organisiertem Umfang an derArzneimittelversorgung durch die Präsenzapotheke zu partizipieren.« Der Bote solle deshalb arbeitsvertraglich zum Personal der abgebenden Apotheke gehören. Im Gesetz müsste die Zustellung daher durch »Personal der Apotheke« festgelegt werden und nicht wie derzeit durch den »Boten einer Apotheke». Zudem fordert die ABDA eine verpflichtende pharmazeutische Beratung auch bei OTC-Medikamenten vorzusehen.
Was die Versandanforderungen betrifft, so pochen die Apotheker in der Stellungnahme darauf, die Temperaturkontrolle für denVersand – auch aus dem Ausland – verpflichtend zu regeln und die Einhaltung derStandards zu kontrollieren.
Nach den Beratungen im Gesundheitsausschuss des Bundesrats wird sich am 20. September dann das Plenum der Länderkammer mit dem Reformpaket befassen. Sollte der Bundesrat der Verordnung zustimmen, kann sie in Kraft treten. Da das VOASG nicht zustimmungspflichtig ist, kann das Plenum der Bundesregierung eine Stellungnahme zuleiten, in der es Änderungsvorschläge äußern kann. Bei allem Korrekturbedarf ist nun aber zunächst entscheidend, wie die Ende August anstehende Abstimmung der Bundesregierung mit der EU-Kommission ausgeht. Derzeit läuft gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren, weil die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) 2016 für nichtig erklärte Rx-Preisbindung für Versender aus dem EU-Ausland bislang nicht gesetzlich aufgehoben wurde. Von der Brüsseler Entscheidung hängt es nun ab, wie es mit den VOASG weitergeht und ob es zügig in den Bundestag eingebracht und noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann.