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Coronavirus-Medikamente

31 Wirkstoffe haben Potenzial gegen Covid-19

31 bereits zugelassene Wirkstoffe könnten geeignete Kandidaten zur Behandlung und Prophylaxe einer SARS-CoV-2-Infektionen sein. Zu diesem Schluss kommen europäische Forscher anhand einer umfangreichen Datenanalyse.
Kerstin A. Gräfe
28.02.2020  11:42 Uhr

Die Zahl der SARS-CoV-2-Infektionen steigt weiter an, weltweit wurden mehr als 80.000 Fälle gemeldet. Weder ein Impfstoff noch eine kausale Therapie sind unmittelbar in Sicht. Einer Gruppe europäischer Forscher zufolge ließe sich Letzteres womöglich mit bereits zugelassenen Medikamenten lösen, wie sie in einer Vorabveröffentlichung im »International Journal of Infectious Diseases« schreiben.

Die Forscher um Petter I. Andersen  von der norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie (NTNU), Trondheim, analysierten in verschiedensten Datenbanken wie PubChem, DrugBank, DrugCentral, PubMed und clinicaltrials.gov Informationen zur Entdeckung und Entwicklung von Breitspektrum-Virustatika (Broad-Spectrum Antiviral Agents, BSAA). Dabei handelt es sich um Wirkstoffe, die sich gegen Viren aus zwei oder mehr verschiedenen Virusfamilien richten. Ihre Ergebnisse trugen sie in einer frei zugänglichen Datenbank zusammen. Drugvirus.info umfasst 120 zugelassene Breitspektrum-Virustatika, die sich gegen 86 Viren aus 25 Virusfamilien richten.

31 dieser BSAA stuften die Forscher als potenzielle Kandidaten zur Prophylaxe und Behandlung von SARS-CoV-2-Infektionen ein. So hemmen beispielsweise das Malariamittel Chloroquin und der gegen Ebola entwickelte Wirkstoff Remdesivir in vitro SARS-CoV-2. Weitere vielversprechende Kandidaten sind den Autoren zufolge die Antibiotika Teicoplanin, Oritavancin, Dalbavancin und Monensin sowie das Antiprotozoenmittel Ementin, die im Labor nachweislich Corona- und andere Viren hemmen. Auch die HIV-Wirkstoffe Lopinavir und Ritonavir (Kaletra®) finden sich in der Datenbank, mit denen erste klinische Studien bereits begonnen haben. 

BSAA könnten zukünftig globale Auswirkungen haben, indem sie die Morbidität und Mortalität durch virale und andere Krankheiten senken, die Anzahl der gesunden Lebensjahre maximieren, die Lebensqualität der infizierten Personen verbessern und die Kosten der Patientenversorgung senken, so die Forscher.

Befristetes Abweichen vom AMG gestattet

Angesichts der aus therapeutischer Sicht prekären Lage hat das Bundesministerium für Gesundheit im Bundesanzeiger am Donnerstag folgendes bekannt gegeben: »Derzeit stehen weltweit keine zugelassenen Arzneimittel zur Behandlung einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus (Covid-19) zur Verfügung. Bei Covid-19 handelt es sich um eine bedrohliche übertragbare Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung spezifischer Arzneimittel erforderlich macht.«

Diese Feststellung ermöglicht es den zuständigen Behörden der Länder, nach Maßgabe des § 79 Absatz 5 und 6 AMG im Einzelfall ein befristetes Abweichen von den Vorgaben des AMG zu gestatten. Demnach dürfen Arzneimittel, die nicht zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen oder registriert sind,  befristet in Verkehr gebracht werden. Von Bedeutung könnte dies zum Beispiel für das ursprünglich gegen Ebola entwickelte Virustatikum Remdesivir werden, das bisher nicht in der EU zugelassen ist, aber derzeit in klinischen Studien in China und den USA auf seine Wirksamkeit gegen Covid-19 getestet wird. 

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