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Coronaimpfung

Zweiter Booster laut Experten nicht zwingend für alle

Soll man sich ein viertes Mal gegen Covid-19 impfen lassen? Wie lange hält der Impfschutz? Und müssen wir für den kommenden Winter Schlimmes befürchten? Diese Fragen standen im Zentrum einer Diskussionsrunde, die vom Science Media Center für Journalisten organisiert wurde. Die PZ war dabei. Die Antworten der befragten Expertinnen und Experten waren differenziert, aber machten durchaus Mut.
Theo Dingermann
21.04.2022  18:00 Uhr
Zweiter Booster laut Experten nicht zwingend für alle

In Deutschland haben mittlerweile 76 Prozent der Bevölkerung zwei Impfstoffdosen eines Coronaimpfstoffs erhalten und knapp 60 Prozent drei Dosen. Damit sind hierzulande zwar immer noch zu wenige Menschen ausreichend gegen Covid-19 geimpft, Millionen Menschen stehen jedoch bereits vor der Frage, ob sie sich ein viertes Mal impfen lassen sollen. Denn vielfach wird angenommen, dass der Impfschutz schnell nachlässt – ein Eindruck, der durch die große Zahl an Durchbruchinfektionen noch gestärkt wird.

Dass diese Wahrnehmung durch immunologische Erkenntnisse, die zwischenzeitlich in unzähligen Studien gesammelt wurden, nicht gedeckt ist, stellten die drei ausgewiesenen Expertinnen und Experten richtig: Professorin Dr. Christine Falk, Leiterin des Instituts für Transplantationsimmunologie der Medizinischen Hochschule Hannover und Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Professor Dr. Christoph Neumann-Haefelin, Leiter der Arbeitsgruppe Translationale Virusimmunologie an der Klinik für Innere Medizin II des Universitätsklinikums Freiburg, und Professor Dr. Andreas Radbruch, Wissenschaftlicher Direktor des Deutsches Rheuma-Forschungszentrums Berlins.

Zwar nimmt die Anzahl der zirkulierenden Antikörper gegen SARS-CoV-2 nach relativ kurzer Zeit messbar ab. Das aber bedeutet nicht, dass das Ziel der Impfung verfehlt wird, das darin besteht, den Patienten im Falle einer Infektion vor einem schweren Krankheitsverlauf zu schützen.

Im Gegenteil: Bereits nach zwei Impfdosen entwickeln die meisten ein nachhaltiges B-Zell-Gedächtnis und eine stabile T-Zell-Immunität, die wahrscheinlich über Jahre anhalten wird. Dies leitet man beispielsweise daraus ab, dass die Zahl der B-Zellen, die sich in Nischen des Knochenmarks zurückziehen, um dort ein Leben lang zu persistieren, in etwa der Zahl der B-Zellen entspricht, die für die Bereitstellung von Antikörpern gegen andere Infektionskrankheiten programmiert sind, für die ein Impfschutz erst nach Jahren wieder aufgefrischt werden muss.

Eine Einschränkung gibt es allerdings. Unstrittig ist nämlich, dass zwei Impfungen mit Blick auf Omikron nicht ausreichen. Daher ist es wichtig, dass heute jeder nicht nur grundimmunisiert, sondern auch geboostert sein sollte.

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