Zucker schädigt Darmmikrobiota |
Christina Hohmann-Jeddi |
27.09.2022 16:30 Uhr |
Eine zuckerreiche Ernährung führt offenbar nicht nur über eine hohe Energiedichte, sondern auch über Störungen der Darmmikrobiota zu Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen. / Foto: Adobe Stock/anaumenko
Zucker hat einen hohen Energiegehalt und trägt dadurch zur Entstehung von Adipositas und dem metabolischen Syndrom bei. Darüber hinaus begünstigt eine zuckerreiche Ernährung aber auch indirekt über eine Schädigung der Darmmikrobiota diese Entwicklung. Das fand ein Team um Yoshinaga Kawano von der Keio Universität in Tokio, Japan, und Professor Dr. Ivaylo Ivanov von der Columbia University in New York, USA, in Experimenten an Mäusen heraus. Wurden die Tiere zuckerreich ernährt, zeigten sich bei ihnen schon nach vier Wochen Anzeichen eines metabolischen Syndroms wie Gewichtszunahme, Insulinresistenz und Glucoseintoleranz. Das berichten die Forschenden im Fachjournal »Cell«.
Die Darmmikrobiota hatte sich durch die Ernährung deutlich verändert: Eine bestimmte Linie der Clostridiaceae, die sogenannten segmentierten filamentösen Bakterien (SFB), die bekanntermaßen Immunreaktionen beeinflussen, war stark reduziert. Dagegen hatte der Anteil von anderen Bakterienarten wie etwa Faecalibaculum rodentium zugenommen.
Wie die Forschenden in weiteren Experimenten zeigen konnten, induzieren die SFB im Darm eine bestimmte Art von Immunzellen, die T-Helferzellen 17 (Th17). Diese sorgen dafür, dass im Darm weniger Fett aus der Nahrung aufgenommen wird. Durch den Verlust der SFB ging auch die Zahl dieser Th17-Zellen zurück. »Diese Zellen produzieren Moleküle, die die Aufnahme von ›bösen‹ Lipiden reduzieren«, sagt Ivanov in einer Mitteilung der Columbia University. Somit schützen die SFB-induzierten Th17-Zellen vor Gewichtszunahme und der Entwicklung eines metabolischen Syndroms.
Durch eine zucker- und fettreiche Ernährung wurde dieser Schutz gestört, durch eine fettreiche Ernährung ohne Zucker dagegen nicht, berichten die Forschenden. Der Zucker scheint dabei das Wachstum von Faecalibaculum rodentium zu fördern, das die SFB verdrängt. In den Untersuchungen konnte die Gabe von SFB als Probiotikum die Zahl der Th17-Zellen wieder erhöhen und den Schutz vor dem metabolischem Syndrom wiederherstellen. Mäuse hätten zwar andere SFB-Arten als Menschen, doch gebe es auch beim Menschen vermutlich Spezies, die diese Aufgabe erfüllen, sagt Ivanov.
»Unsere Studie zeigt, dass eine komplexe Interaktion zwischen Ernährung, Mikrobiota und dem Immunsystem eine Rolle in der Entwicklung von Übergewicht, Typ-2-Diabetes und anderen Erkrankungen spielt«, sagt der Mikrobiologe. Für die Gesundheit sei es daher ratsam, nicht nur die Ernährung zu verbessern, sondern auch die Zusammensetzung des Mikrobioms.