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Verordnungsanalyse

Zahnärzte verordnen immer noch zu häufig Clindamycin

Antibiotika sollen rational eingesetzt werden, das gilt natürlich auch in der Zahnmedizin. Hier wurde in der Vergangenheit entgegen der Empfehlung zu häufig Clindamycin verordnet. Was hat sich hier in den vergangenen fünf Jahren getan?
Daniela Hüttemann
23.01.2023  07:00 Uhr

Dieser Frage ist das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) in Zusammenarbeit mit der Arzneimittelkommission der Zahnärzte nachgegangen. Dazu werteten sie die Abgabezahlen systemisch wirksamer Antibiotika der Apotheken in Deutschland auf ambulante zahnärztliche Verordnung aus den Jahren 2017 bis 2021 aus. Die Ergebnisse wurden vor Kurzem wissenschaftlich im Fachjournal »Antibiotics« veröffentlicht.

»Wir konnten zeigen, dass Amoxicillin im Zeitraum das von den Zahnärzten am häufigsten verordnete Antibiotikum war, was der Leitlinie entspricht«, erklärt Erstautorin Dr. Gabriele Gradl, Referentin für Pharmakoepidemiologie beim DAPI. Im Jahr 2021 wurden in der ambulanten Zahnmedizin 0,627 definierte Tagesdosen pro 1000 GKV-Versicherte pro Tag (DID) verordnet – ein Plus von 24,2 Prozent innerhalb der Jahre 2017 bis 2021.

»Das am zweithäufigsten verordnete Antibiotikum war jedoch immer noch Clindamycin, das bei einer Allergie gegen Penicillin eingesetzt werden kann«, konstatiert Gradl. »Zwar war im untersuchten Fünfjahreszeitraum ein Rückgang der abgegebenen Tagesdosen pro 1000 GKV-Versicherten von minus 21,4 Prozent auf 0,294 DID zu verzeichnen, allerdings stammten im Jahr 2021 immer noch 56 Prozent der ambulanten Clindamycin-Verordnungen von Zahnärzten.« Die Studienautoren sehen also eine Verbesserung, aber immer noch eine deutliche Überverschreibung von Clindamycin, auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern.

Das Lincosamid-Antibiotikum wird bei akuten und chronischen bakteriellen Infektionen durch Clindamycin-empfindliche Erreger angewendet, nicht nur im Zahn- und Kieferbereich, sondern auch von Humanmedizinern im Hals-Nasen-Ohren-Bereich und der tiefen Atemwege, bei Infektionen der Knochen und Gelenke, des Becken- und Bauchraums und der weiblichen Geschlechtsorgane sowie der Haut- und Weichteile.

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