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Medikationsanalyse

Wo stehen wir und wie geht es weiter?

Medikationsanalysen in der Apotheke steigern die Verordnungsqualität, Adhärenz und Patientenzufriedenheit – das ist wissenschaftlich gut belegt. Wie lässt sich das nun in der Breite umsetzen? Damit hat sich die klinische Pharmazeutin Dr. Dorothee Dartsch beschäftigt.
Daniela Hüttemann
07.01.2022  18:00 Uhr

Status quo ist: Medikationsanalysen werden in Deutschland in den Apotheken vor Ort derzeit noch eher punktuell durchgeführt, sagte Dartsch, Inhaberin des Fortbildungsanbieters Campus Pharmazie, vor Kurzem bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Pharmazie. Diese pharmazeutische Dienstleistung in die Fläche zu bringen, werde keinem allein gelingen. Nicht nur jede öffentliche Apotheke, sondern auch die Standesvertretung, die pharmazeutischen Fachgesellschaften sowie die Universitäten sollten gemeinsam an einem Strang ziehen.

Studenten patientennäher ausbilden

Klinische Pharmazie und mit ihr das Medikationsmanagement wird an deutschen Universitäten erst seit 2001 verpflichtend unterrichtet – und das immer noch zu wenig, berichtet Dartsch, die 2002 bis 2012 eine Juniorprofessur in dem Fach an der Universität Hamburg innehatte. Vergleiche man die Ausrichtung des Pharmaziestudiums mit anderen Ländern, so haben die Fächer Pharmakologie und Klinische Pharmazie in Deutschland tendenziell am wenigsten Raum, sagt sie und warnt: »Das erschwert die Implementierung pharmazeutischer Services!«

»Die pharmazeutischen Institute müssen anerkennen, dass 80 Prozent ihrer Absolventen patientennah arbeiten werden und der klinischen Pharmazie und Pharmakotherapie mehr Raum geben«, so die Apothekerin. Hier brauche es neue Curricula. Zudem sollten sie ihre Forschung zur Medikationsanalyse stärker forcieren. So fehlen derzeit Daten aus Deutschland, dass sich damit Kosten, Morbidität und Mortalität senken lassen.

Medikationsanalyse bekannter machen

Die Standesvertretung und die Fachgesellschaften sollten die Medikationsanalyse in der Gesellschaft und Politik bekannter machen und eine stärkere klinisch-pharmazeutische Fokussierung in Aus-, Fort- und Weiterbildung vorantreiben. Die ABDA solle dazu die Standards definieren, wie schon in der Leitlinie zur Typ-2a-Medikationsanalyse, um für eine homogene Qualität dieser Leistung zu sorgen. »Die brauchen wir für die Evaluation und Honorierung«, betont Dartsch.

Darüber hinaus solle die Standesvertretung die Rollen und Verantwortlichkeiten des Prozesses für Approbierte und PTA klären und zudem Standards für die Dokumentation und Abrechnung schaffen.

Und die öffentlichen Apotheken selbst?

»Jeder kann etwas dazu beitragen, dass wir die Medikationsanalyse aufs Gleis bekommen«, ist Dartsch überzeugt. Die Apotheker sollten es sich zutrauen und diese neue Aufgabe für sich reklamieren. Etablierte Apotheker könnten sich in Fortbildungen fit machen, die Frisch-Approbierten sollten ihr Uni-Wissen anwenden und direkt im Training bleiben. Hilfreich wäre, wenn erfahrene Apotheken ihre Best-Practice-Beispiele mehr mit anderen Apotheken teilen würden, zum Beispiel über Erfa-Gruppen oder Fachmedien.

Ohne den politischen Willen für mehr Medikationsmanagement in Apotheken gebe es keine Chance. Doch dieser Wille sei mittlerweile vorhanden durch den pharmazeutisch-medizinischen Fortschritt mit immer teureren und komplexeren Therapieregimen, der demografischen Entwicklung, dem Ärztemangel und mit dem sich verschärfenden Stadt-Land-Gefälle.

Dartsch hält eine Neuausrichtung des Apothekenprofils für nötig. »Wir müssen uns auf die pharmazeutischen Services konzentrieren.«

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