Wo sind all die Apotheken-Kunden hin? |
Jennifer Evans |
15.07.2022 15:30 Uhr |
Nicht in allen Apotheken ist der Kundenstamm schon wieder so groß wie vor der Coronavirus-Pandemie. / Foto: ABDA
Während der Coronavirus-Krise mussten die Apotheken vor Ort einige Einbußen im OTC-Geschäft hinnehmen. Die PZ hatte immer wieder darüber berichtet wie Lockdowns, AHA-Regeln oder ausgebliebene Erkältungswellen das OTC-Geschäft auf Talfahrt schickten. Doch der Trend beim Absatz der nicht-verschreibungspflichtigen Präparate entwickelt sich derzeit weiterhin positiv. Die Tendenz war schon abzulesen und hat sich nun mit Blick auf die Zahlen vom ersten Halbjahr 2022 bestätigt.
Das Absatz-Plus der Vor-Ort-Apotheken liegt nun bei 20,2 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr. Auch der OTC-Umsatz steht mit einem Plus von 15,1 Prozent gut da. Das geht aus aktuellen Daten des Informationsdienstleisters Insight Health hervor, der seit Kurzem gemeinsame Sache mit dem Österreichischen Apothekerverband macht. Zusammen gründeten die beiden Parteien 2021 die Firma Solvena, die ihre Services fortan in beiden Ländern anbietet.
Schon nicht mehr so rosig sehen die OTC-Zahlen aus den ersten sechs Monaten dieses Jahres aber im Verhältnis zum ersten Halbjahr 2019 aus – also vor der Coronavirus-Pandemie. Bei dieser Gegenüberstellung liegt der OTC-Absatz nämlich bei einem Minus von 9,7 Prozent und der OTC-Umsatz bei einem Minus von 6,6 Prozent.
Nicht ganz so stark, aber immerhin im einstelligen positiven Bereich, bewegte sich zuletzt der Rx-Markt. Beim Absatz von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln konnten die Apotheken vor Ort im ersten Halbjahr 2022 einen Zuwachs von 5 Prozent verzeichnen. Und der Rx-Umsatz legte mit 8,7 Prozent zu – jeweils im Vergleich zum entsprechenden Halbjahr im Vorjahr. Auch diese Tendenz zeigte sich zuletzt stabil.
Ein Blick auf die Vor-Corona-Zeit überrascht. Im Rx-Bereich hat es trotz aller Auswirkungen der Covid-19-Krise einen Zuwachs gegeben. Gegenüber dem ersten Halbjahr 2019 liegt der Absatz-Anstieg zur Jahresmitte 2022 bei 1,4 Prozent, der Rx-Umsatz stieg ebenfalls und beläuft sich auf plus 17,9 Prozent.
Ernüchternder ist hingegen die Anzahl an Kunden, die in die Vor-Ort-Apotheken kommen – oder vielmehr nicht mehr kommen (siehe Grafik). Zwar erhöhte sich die Kundenfrequenz im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 nun wieder um 10,3 Prozent. Doch das Niveau war niedrig. Die Einbrüche während der Lockdowns 2020 waren massiv.
Eine Gegenüberstellung der Kundenfrequenz im entsprechenden Zeitraum des Jahrs 2019 vor der Krise zeigt jetzt: Ein zweistelliges Minus von 13,5 Prozent bleibt auch im ersten Halbjahr 2022 unterm Strich stehen. Ob die Menschen während der Lockdowns dauerhaft auf Versandapotheken umgestiegen sind, bleibt unklar. Die Ergebnisse der OTC-Konkurrenzanalyse 2021 der ABDA lassen andere Rückschlüsse zu. Demnach hatten sich die Umsatzanteile im OTC-Markt im vergangenen Jahr zugunsten der Offizinen – und weg von den Versendern – verschoben. Auch die Absatzzahlen hatten sich demzufolge weitestgehend wieder auf das Niveau vor dem Beginn der Coronavirus-Pandemie eingependelt.
Und eine Umfrage des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH) aus dem Jahr 2021 spricht ebenfalls eher dafür, dass die Offizinen in der Krise Kunden gewonnen haben. Viele Patienten – und zwar aus allen Altersklassen – vertrauten in Sachen Gesundheitsfürsorge nämlich insbesondere auf die lokalen Apotheken.
Fest steht nur eins: Noch spiegelt sich der positive Trend in den Offizinen noch nicht so stark wider. Ein wenig aufatmen dürfen die Vor-Ort-Apotheken aber dennoch – zumindest verhalten.
Grafik: Solvena/Insight Health
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