Wirkung auf Immunsystem beobachten |
Sven Siebenand |
28.06.2019 15:00 Uhr |
Für die HIV-Behandlung stehen mittlerweile viele Präparate zur Verfügung. Oft greifen Mediziner auch auf HIV-Integrasehemmer zurück. / Foto: Adobe Stock /Comugnero Silvana
Da das HI-Virus selbst CD4-Helferzellen angreift und zerstört, werfen die Ergebnisse von Forschern des Instituts für HIV-Forschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und des Universitätsklinikums Essen die Frage auf, ob die Wirkstoffe potenziell schädliche Langzeitnebenwirkungen haben können und ob sie in allen Fällen zur dauerhaften HIV-Therapie geeignet sind . Im »Journal of Clinicial Investigation Insight« hat ein Team um Erstautor Marek Korencak seine Untersuchungsresultate veröffentlicht.
Innerhalb der Gruppe der Integrase-Inhibitoren (INSTI) detektierten die Wissenschaftler Unterschiede: So zeigten die Wirkstoffe Elvitegravir und Dolutegravir einen signifikanten Einfluss auf die Zellfunktion, dagegen Raltegravir keinen. Zum jüngsten Vertreter aus der Klasse der INSTI, Bictegravir, finden sich in der Publikation keine Angaben. Wichtig: Den beschriebenen Effekt auf die Aktivität von CD4-T-Helferzellen konnten die Wissenschaftler bei anderen HIV-Medikamenten, einschließlich Protease-Inhibitoren (PI) und Hemmern der Reversen Transkriptase (NRTI und NNRTI) nicht nachweisen.
Um die Ursache für die verminderte Funktion, das Wachstum und die Zellteilung von CD4-T-Zellen besser zu verstehen, untersuchten die Forscher einen möglichen Einfluss der Wirkstoffe auf die Mitochondrien. Dabei fanden sie heraus, dass Elvitegravir und Dolutegravir die Elektronentransportkette der Mitochondrien stören und deren Atmungskapazität beeinträchtigten, wodurch insgesamt die Zellaktivität verlangsamt wurde. »Der Einfluss von Dolutegravir und Elvitegravir auf die Zellfunktionen ist höchstwahrscheinlich systemisch«, so Professor Dr. Hendrik Streeck, Direktor des Institutes für HIV-Forschung, in einer Pressemitteilung. Allerdings seien CD4-T-Zellen metabolisch sehr aktiv und daher könnten in diesen Zellen solche Effekte leichter entdeckt werden.
»Integrase-Inhibitoren sind eine großartige Klasse von Medikamenten und haben weltweit Millionen von Menschen geholfen. Unsere Studie fordert jedoch eine erhöhte Pharmakovigilanz für eine potenziell schwerwiegende Langzeittoxizität dieser Substanzen«, betonte Streeck. Angesichts der weit verbreiteten Nutzung von INSTI seien prospektive Studien erforderlich, um die klinischen Auswirkungen der Ergebnisse zu bestimmen.