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Herzinsuffizienz

Wie viele Patienten bekommen die optimale Therapie?

Bis sich Leitlinien-Empfehlungen in der breiten Praxis durchsetzen, dauert es oft einige Zeit. Das zeigt auch eine neue Auswertung zur Anwendung von Sacubitril/Valsartan und SGLT-2-Hemmern bei Herzinsuffizienz-Patienten.
Daniela Hüttemann
12.10.2022  14:35 Uhr

Mittlerweile empfehlen die Leitlinie der Europäischen kardiologischen Gesellschaft (ESC) sowie die Leitlinie der US-Kardiologen neben ACE-Hemmern, Betablockern und Aldosteron-Antagonisten gleichzeitig den Einsatz von SGLT-2-Inhibitoren und als Alternative zu ACE-Inhibitoren das Kombinationspräparat Sacubitril/Valsartan (Entresto®) als Erstlinientherapie bei Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF). Diese Form der Herzinsuffizienz betrifft in etwa die Hälfte der rund drei Millionen Patienten in Deutschland.

Die hiesige Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Chronische Herzinsuffizienz empfiehlt dagegen SGLT-2-Inhibitoren und den Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI) Sacubitril in Fixkombi mit Valsartan auch in der aktuellen Version bislang nur zur Therapieeskalation. Laut ESC-Leitlinie kommt die Kombination als Alternative zum ACE-Hemmer infrage bei ambulanten Patienten, die trotz der optimalen Therapie noch symptomatisch sind. Möglich ist auch der Einsatz bei ACE-naiven Patienten. 

Das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg hat nun interessiert, wie diese noch relativ neuen Empfehlungen bereits im Versorgungsalltag umgesetzt werden. Dazu werteten Forschende um den Kardiologen Professor Dr. Stefan Störk aus Würzburg und Pharmazieprofessor Dr. Martin Schulz von der Freien Universität Berlin Verordnungsdaten der vergangenen zwei Jahre sowie des ersten Quartals dieses Jahres aus der IQVIA-LRx-Datenbank aus. 

Tatsächlich tut sich etwas: »Die Zahl der mit ARNI behandelten Patienten stieg deutlich und stetig, von 166.000 im ersten Quartal 2020 auf 271.000 im ersten Quartal 2022 an (+ 61 Prozent)«, berichtete das fünfköpfige Autorenteam kürzlich beim Kongress »DGK Herztage« der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Bonn. Insbesondere ab Mitte 2021, als die neueste ESC-Leitlinie veröffentlicht wurde, seien die Verordnungen angestiegen. Die kombinierte Verschreibung aus ARNI plus SGLT-2-Inhibitor stieg von 7 auf 31 Prozent. Viele Patienten erhielten auch direkt diese Kombination (zuletzt 38 Prozent).

Die Empfehlungen würden zunehmend besser umgesetzt, aber eine Flächendeckung sei noch nicht gegeben, so das Fazit der Autoren. Frauen und Patienten im hohen Alter seien hinsichtlich der Implementierung der optimalen medikamentösen Therapie weiterhin benachteiligt, obwohl die Kombinationstherapie von Sacubitril/Valsartan mit SGLT-2-Inhibitoren im Vergleich zu Männern beziehungsweise jüngeren Patienten ähnlich häufig begonnen werde. Insgesamt würden in Deutschland bislang weniger als 25 Prozent der Patienten optimal gemäß ESC-Leitlinie therapiert.

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