Wie kompatibel sind Erythromycin und Metronidazol? |
Bei der Einarbeitung von Erythromycin und Metronidazol in Basiscreme DAC gibt es einiges zu beachten. / Foto: ZL
Erythromycin und Metronidazol passen rezepturtechnisch eigentlich nicht zusammen. Das basische Makrolid-Antibiotikum hat sein Stabilitäts-Optimum im Bereich von pH 8 bis 8,5; die schwache Base in gelöster Form bei etwa pH 5. Dennoch besteht in der Praxis ein Bedarf an der Erythromycin-Metronidazol-Kombination als Dermatikum. Sowohl bei perioraler Dermatitis als auch bei Rosacea findet diese Kombination Anwendung, auch wenn es bisher keinen Beleg für eine synergistische Wirkung bei Rosacea gibt und die zuletzt gültige AWMF-S1-Leitlinie »Rosacea« die Anwendung kutaner Antibiotika im Hinblick auf eine Resistenzentstehung sogar ablehnt. Beide Stoffe gelten jedoch per se als wirksam. Aufgrund der häufigen Nachfrage wurde in 2009 vom DAC/NRF eine standardisierte Zubereitung entwickelt, die beide Wirkstoffe enthält. Individuell komponierte Rezepturen werden jedoch weiterhin nicht empfohlen. Bei der standardisierten Creme handelt sich um die Hydrophile Erythromycin-Creme 2 % mit Metronidazol 1 % (NRF 11.138.).
Die Grundlage ist eine verdünnte Basiscreme DAC, die zuvor mit 0,5-prozentiger Citronensäure-Lösung versetzt wird, um in der fertigen Zubereitung einen pH von etwa 8 einzustellen. Somit bietet die Creme ein akzeptables Milieu sowohl für Erythromycin, dessen rezeptierbarer pH-Bereich für Suspensions-Zubereitungen nach den DAC/NRF-Tabellen für die Rezeptur zwischen 7 und 10 liegt, als auch für Metronidazol, das generell zwischen pH 3 und 8 verarbeitet werden darf. Vor der anteiligen Zugabe der Grundlage werden die beiden mikronisierten Wirkstoffe in der Fantaschale mit Glycerol angerieben. Während Metronidazol in der Creme größtenteils gelöst vorliegt, ist der überwiegende Teil von Erythromycin suspendiert. Die Lagerung der fertigen Rezeptur soll im Kühlschrank bei ≤ 8 °C erfolgen. Die Aufbrauchsfrist wird mit vier Wochen angegeben.
Eine Herstellung mit alternativen Verfahren ist nur bedingt möglich. In der Regel ist ein vorheriger Anreibevorgang notwendig und ein Erwärmen, das zur Lösung und Rekristallisation von Metronidazol führen könnte, muss zwingend vermieden werden. In jedem Fall ist die Zubereitung auf Agglomerate zu prüfen. Der Einfluss der Temperatur auf die Entstehung von Metronidazol-Kristallen wurde bereits in einer früheren Untersuchung des ZL gezeigt.
Im November 2017 fand ein Spezial-Ringversuch des ZL zur Hydrophilen Erythromycin-Creme 2 % mit Metronidazol 1 % (NRF 11.138.) statt. In diesem Rahmen wurden rund 90 Cremes geprüft. Es zeigte sich, dass überwiegend sehr gute Ergebnisse in Bezug auf die Gehalte der beiden Wirkstoffe ermittelt wurden. Nur in sehr wenigen Fällen kam es zu inhomogener Verteilung einer der beiden Substanzen oder leichter Über- beziehungsweise Unterdosierung durch ungenaue Einwaagen oder nicht berücksichtigte Einwaagekorrekturfaktoren. In einem Fall konnte aufgrund eines sauren pH-Wertes in der Creme von 4,4, nur noch < 5 Prozent des Erythromycins nachgewiesen werden. Häufige Schwierigkeiten zeigten sich bei der Untersuchung der Partikelgröße; in einigen Fällen wurden hier Werte an Partikeln beziehungsweise Agglomeraten ermittelt, die außerhalb der Spezifikationsgrenzen lagen. Diese waren für den Ringversuch wie folgt festgelegt worden:
Neben der Stabilität der standardisierten Zubereitungen bei unterschiedlichen Lagerungsbedingungen wurde die Stabilität des Wirkstoffs in Zubereitungen unterschiedlichen pH-Wertes geprüft. Aufgrund der Beobachtungen im Spezial-Ringversuch wurde auch die Untersuchung der Partikelgröße in die Studie mit eingeschlossen und die gleichen Akzeptanzgrenzen zugrunde gelegt.
Es wurden unterschiedliche Varianten der Zubereitung in der Studie untersucht (Tabelle 1). Auch eine alkalisierte Monozubereitung, die ausschließlich Metronidazol enthielt, wurde geprüft. Die Herstellung erfolgte mittels Fantaschale und Pistill gemäß den Empfehlungen der NRF-Rezepturvorschrift. Die Alkalisierung der Zubereitungen 2 und 3 erfolgte durch die Zugabe von 20-prozentiger Trometamol-Lösung.
Zubereitung | |
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1 | Hydrophile Erythromycin-Creme 2 % mit Metronidazol 1 % (NRF 11.138.) |
2 | Hydrophile Erythromycin-Creme 2 % mit Metronidazol 1 % (alkalisiert, pH 8,9) |
3 | Metronidazol 1 % in Basiscreme DAC (alkalisiert, pH 9,7) |
Die Untersuchungen erfolgten über einen Zeitraum von sechs Monaten. Die Prüfmuster wurden in Aluminiumtuben und Spenderdosen abgefüllt. Die Bestimmung der Partikelgröße erfolgte mittels Optischer Mikroskopie (Ph. Eur. 9.0, 2.9.37) im polarisierten Licht und die des Wirkstoffgehaltes mittels ZL-validierter HPLC-UV-Analytik. Für Zubereitung 1 wurde auch eine In-Use-Simulation über vier Wochen durchgeführt.
Folgende Lagerungsbedingungen wurden in die Studie eingeschlossen:
Die mikroskopische Untersuchung der Partikelgröße in der Studie ergab, dass bei einer Lagerung im Kühlschrank ab dem Zeitpunkt t28 (nach vier Wochen) das Kristallwachstum stark zunahm; es waren vermehrt Partikel über 180 µm nachweisbar. Bei den weiteren Lagerungsbedingungen war dieser Effekt weniger stark ausgeprägt.
Bezüglich des Gehaltes waren bei einer Kühlschranklagerung beide Wirkstoffe über den gesamten Untersuchungszeitraum von sechs Monaten stabil, jedoch war bei Raumtemperatur und unter Stressbedingungen ein unterschiedlich starker Abbau eines der beiden oder beider Arzneistoffe zu beobachten. Bei Raumtemperatur fiel der Erythromycin-Gehalt kontinuierlich bis auf etwa 75 Prozent nach sechs Monaten ab. Bereits nach drei Monaten war die zulässige Untergrenze von 90,0 Prozent für den Wirkstoffgehalt unterschritten. Metronidazol hingegen blieb stabil. Unter der erhöhten Temperatur von 40 °C war der Wirkstoffabbau von Erythromycin stark beschleunigt; schon nach drei Wochen waren nur noch 87 Prozent nachweisbar und am Ende des Prüfzeitraumes blieben nur noch etwa 11 Prozent zurück (Abbildung, Beispiel Aluminiumtube). Unter diesen Bedingungen wurde auch ein leichter Wirkstoffverlust auf etwa 90 Prozent nach sechs Monaten für das Metronidazol gezeigt. Die Ergebnisse waren unabhängig von der Art des Packmittels. Der Eingriff in die Zubereitung durch einen Anwender (In-Use-Simulation) hatte keinen negativen Einfluss auf die Wirkstoffgehalte.
Abbildung : Verlauf der Wirkstoffgehalte über den Prüfzeitraum; zur vereinfachten Ansicht ist der Graph ab t28 gestaucht
t0 | t7 | t14 | t21 | t28 | t42 | t3M | t4M | t6M | |
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Erythromycin KS | 102,3 | 102,8 | 104,85 | 101,25 | 103,75 | 104,05 | 102,7 | 102,25 | 98,15 |
Erythromycin RT | 102,3 | 101,3 | 102,75 | 98,75 | 98,8 | 97,65 | 89,4 | 86,1 | 76 |
Erythromycin Extremtemperatur | 102,3 | 96,75 | 93,75 | 86,6 | 83,1 | 75,1 | 66,95 | 29,5 | 10,9 |
Metronidazol KS | 99,2 | 100 | 99,35 | 98,8 | 100,2 | 100,85 | 99,7 | 99,5 | 99,8 |
Metronidazol RT | 99,2 | 99,8 | 99,35 | 99,6 | 100,05 | 97,9 | 102,25 | 99,1 | 86,35 |
Metronidazol Extremtemperatur | 99,2 | 99,95 | 98,05 | 97,75 | 99 | 103,05 | 94,6 | 95,15 | 90,35 |
In der alkalisierten Variante der Zubereitung, die einen pH-Wert von knapp 9 aufwies, zeigte sich bei einer Kühlschranklagerung dieselbe Problematik der Kristallbildung ab etwa vier Wochen. Bei Raumtemperatur war für diese Rezeptur kaum eine Kristallbildung nachweisbar, jedoch ein unterschiedlich stark ausgeprägter Gehaltsverlust für beide Wirkstoffe; nach sechs Monaten Lagerung bei Raumtemperatur waren noch 84 Prozent Erythromycin und noch 96 Prozent Metronidazol nachweisbar.
Die alkalisierte Metronidazol-Monorezeptur mit einem pH-Wert von rund 10 zeigte zu keinem Zeitpunkt Kristalle in der mikroskopischen Untersuchung. Sowohl bei Lagerung bei Raumtemperatur als auch im Kühlschrank konnte nach sechs Monaten noch jeweils ein Wirkstoffgehalt zwischen 90,0 und 100,0 Prozent nachgewiesen werden.
Die ZL-Untersuchung bestätigt die Angabe der NRF-Rezepturvorschrift über die maximale Haltbarkeit von vier Wochen bei Lagerung im Kühlschrank. Weiter konnte gezeigt werden, dass die Einstellung des pH-Wertes auf etwa 8, wie in der NRF-Rezepturvorschrift vorgesehen, positiv zur Stabilität der Hydrophilen Erythromycin-Creme 2 % mit Metronidazol 1 % (NRF 11.138.) beiträgt und einen Verlust an Wirkstoffgehalt verhindert. Der limitierende Faktor für die Haltbarkeit der Zubereitung ist in diesem Fall die Entstehung von Kristallen.
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen aber auch, dass eine Lagerung bei Raumtemperatur die Kristallbildung verlangsamt und eine Verlängerung der Aufbrauchsfrist auf sechs bis acht Wochen denkbar wäre. In diesem Zeitraum waren Wirkstoffgehalte und Partikelgröße innerhalb der Spezifikationsgrenzen. Bei einer längeren Aufbrauchsfrist sind aber auch weitere haltbarkeitsverringernde Aspekte zu berücksichtigen, wie die mögliche Entstehung von Aminen.
Literatur bei den Verfassern