Wenn das Zittern nicht aufhört |
Liegt eine Grunderkrankung wie Morbus Parkinson zugrunde, steht deren Behandlung im Vordergrund. Ist das Zittern hingegen auf bestimmte Medikamente zurückzuführen, erfolgt eine Anpassung der Dosierung oder ein zeitweises Absetzen der entsprechenden Wirkstoffe.
Therapieziel beim essenziellen Tremor ist die Linderung der Symptome. Während sich ein leichtes Zittern bei Jüngeren meist gut kontrollieren lässt, erreicht man bei stärker ausgeprägten Muskelkontraktionen, insbesondere im höheren Lebensalter, häufig nur unzureichende Verbesserungen. Neben Antikonvulsiva wie Primidon und Topiramat (beide im Off-Label-Use) kommt zudem der Betablocker Propranolol zum Einsatz (Tabelle). Dieser wirkt vermutlich zentral und peripher auf adrenerge Rezeptoren in der Muskulatur. Kontraindiziert ist der Wirkstoff bei obstruktiven Atemwegserkrankungen, Asthma, insulinpflichtigem Diabetes und Herzinsuffizienz.
Tremorsyndrome, die Kopf, Stimme oder Hände betreffen, werden mit Botulinumtoxin therapiert. Diese Behandlung erfordert jedoch eine spezielle Qualifikation, da der Wirkstoff vorübergehend eine relevante Muskelschwäche hervorrufen kann.
Tremorform | Maßnahme, Medikation (Beispiele) |
---|---|
essenzieller Tremor | Propranolol, Primidon, Topiramat |
Arzneimittel-induzierter Tremor | Anpassung der Dosierung, Absetzen der entsprechenden Medikamente |
verstärkter physiologischer Tremor | Beseitigen der Ursachen. Falls nicht möglich: Propranolol, Primidon |
isolierter (Kopf, Kinn, Stimme) und tätigkeitsspezifischer Tremor, Händetremor | Propranolol, Primidon, Topiramat, Botulinumtoxin |
orthostatischer Tremor | 1. Wahl: Gabapentin, 2. Wahl: Clonazepam, Perampanel |
dystoner Tremor | Anticholinergika, Propranolol, Botulinumtoxin |
Holmes-Tremor | Dopamin-Agonisten, Anticholinergika |
zerebellärer Tremor | Propranolol, Carbamazepin, Clonazepam, Ondansetron |
Gaumensegeltremor | Botulinumtoxin |
Reicht die medikamentöse Therapie nicht aus oder schränkt das Syndrom die Betroffenen stark ein, stehen invasive Behandlungen zur Verfügung. Bewährt hat sich die tiefe Hirnstimulation, bei der in den Thalamus implantierte Elektroden diesen kontinuierlich stimulieren.
In den letzten Jahren hat sich zudem der magnetresonanztomografisch (MRT) gesteuerte fokussierte Ultraschall etabliert. Bei diesem Verfahren erzeugen Ultraschallwellen durch die geschlossene Schädeldecke hindurch kleine Läsionen im Zielort, zum Beispiel dem Nucleus ventralis intermedius des Thalamus. Dort erfolgt eine Umwandlung der Ultraschallenergie in einem millimetergroßen Bereich in Wärmeenergie. Ob der behandelte Ort tatsächlich die Ursache für den Tremor ist, lässt sich überprüfen, indem er zuerst auf etwa 48 °C erwärmt wird. Dabei wird der Ort vorübergehend inaktiviert. Anschließend wird das Zielgebiet auf 56 bis 60 °C erwärmt und damit die den Tremor auslösenden Nervenzellen dauerhaft verödet. Zugelassen ist die Therapie für die Behandlung einer einzelnen Körperseite.
Darüber hinaus stehen nicht medikamentöse Behandlungsverfahren wie Entspannungstechniken (autogenes Training, Progressive Muskelentspannung) sowie ergotherapeutische Hilfen, zum Beispiel Orthesen beim Schreibtremor, zur Verfügung.
Das Apothekenpersonal kann Betroffene durch praktische Tipps und Hinweise auf Hilfsmittel unterstützen (13, 27).
Die Therapie eines psychogenen Tremors beinhaltet in der Regel eine Physiotherapie sowie kognitiv verhaltenstherapeutische Ansätze. Bei Musikern und Sportlern helfen präventive Maßnahmen wie regelmäßige Pausen, spätestens nach 45 Minuten, sowie das Vermeiden einseitiger Belastungen durch langes Üben und eine Umschulung (Retraining).
Der Verlauf der Erkrankung variiert je nach Form und Ursache. Ein verstärkter physiologischer Tremor lässt sich oft vollständig rückgängig machen, wenn die Ursache erfolgreich behandelt wird. Der essenzielle Tremor hingegen schreitet meist langsam voran, während der orthostatische Tremor stabil bleibt, sich jedoch im Lauf der Zeit auf andere Körperregionen wie die Arme ausdehnen kann (2).
Es gibt vielfältige Alltagshilfen und praktische Tipps, die das Apothekenteam den Patienten vorstellen und empfehlen kann (Kasten). Einigen Betroffenen können Selbsthilfegruppe dabei helfen, Einsamkeit, Scham und die soziale Isolation zu überwinden. Gleichzeitig erhalten sie durch den Austausch mit Gleichgesinnten praktische Tipps für den Umgang mit ihrer Erkrankung (50).
Silke Kerscher-Hack studierte Pharmazie an der Universität Regensburg. Ihre Promotion fertigte sie am Institut für Pharmazeutische Chemie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München an. Seit zehn Jahren verfasst sie Texte zu medizinischen sowie pharmazeutischen Themen. Kerscher-Hack hat zudem eine Zusatzausbildung in Ernährungsberatung mit Fachrichtung Lebensmittelunverträglichkeiten absolviert.