Wenn Arzneimittel auf die Sinne schlagen |
Wenn das Essen nicht mehr schmeckt, können auch Arzneimittel dahinter stecken. / Foto: Adobe Stock/Monkey Business
Die Fähigkeit, gut riechen und schmecken zu können, ist nicht jedem gegeben: Einer epidemiologischen Studie zufolge weisen 3,6 Prozent der Bevölkerung in Deutschland eine sehr deutliche Einschränkung des Riechvermögens auf (Anosmie); 18 Prozent leiden unter einer verminderten Empfindlichkeit (Hyposmie). Von einer reduzierten Geschmackswahrnehmung (Hypogeusie) sind etwa 20 Prozent betroffen.
Zahlreiche mögliche Ursachen und Auslöser kommen für Störungen des Geruchs- und/oder Geschmackssinns infrage, angefangen von Atemwegsinfekten über neurodegenerative Erkrankungen bis hin zu Schädel-Hirn-Traumen. Aber auch Arzneimittel gehören dazu. Daher sollte stets auch ein Blick auf die Medikation erfolgen, wenn Betroffene von entsprechenden Störungen berichten. Aufmerken sollte man auch, wenn pflegende Angehörige fragen, was gegen die Appetitlosigkeit eines kranken Familienmitglieds helfen könnte.
Die Wahrnehmung von Gerüchen und Geschmackseindrücken ist ein komplexes Geschehen. Störungen können sehr vereinfacht gesagt auf der Ebene der Rezeptoren, der Weiterleitung der Reize oder deren Verarbeitung in den entsprechenden Arealen des Gehirns vorliegen. Während in der Nase G-Protein-gekoppelte Rezeptoren und Dopaminrezeptoren eine zentrale Rolle spielen, gibt es in der Mundhöhle Geschmacksknospen für fünf Wahrnehmungen: süß, sauer, salzig, bitter und umami. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass an der Wahrnehmung eines Aromas neben dem Riechen und Schmecken gegebenenfalls weitere Faktoren, etwa zum Erkennen der Schärfe bestimmter Gewürze, beteiligt sind. Nicht zuletzt ist das trigeminale System involviert.
Zahlreiche Arzneistoffe können das Riechvermögen beeinträchtigen. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind häufig nicht bekannt. Von Diltiazem und Nifedipin weiß man, dass sie die sensorische Übertragung über Nervenbahnen beeinträchtigen können. Methotrexat greift in das Zellwachstum der Mucosa ein. Grundsätzlich kommen zudem Arzneistoffe in Betracht, die mit dem G-Protein-gekoppelten Rezeptorsystem interagieren. Dazu gehören etwa Cannabinoide oder Opioide.
Wirkstoffgruppe | Wirkstoffe (beispielhaft) |
---|---|
Antibiotika | Streptomycin |
Antirheumatika | D-Penicillamin |
Antihypertonika | Diltiazem, Nifedipin |
Antidepressiva | Amitriptylin |
Chemotherapeutika | Methotrexat |
Psychopharmaka | Amphetamine, Alkohol |
Sympathomimetika | Xylometazolin, Oxymetazolin |
Andere | Strychnin, Codein, Lidocain |
Auch rezeptfreie, topisch angewendete Arzneimittel können sich negativ auf das Riechvermögen auswirken. Das gilt für α-Sympathomimetika wie Xylometazolin oder Oxymetazolin, die insbesondere bei zu häufiger und/oder lang andauernder Anwendung die Funktion der Nasenschleimhaut beeinträchtigen können.