Wenn Arzneimittel an die Nieren gehen |
Müssen überwiegend renal eliminierte Arzneistoffe eingesetzt werden, muss man häufig das Dosierungsregime anpassen, um Plasmakonzentrationen zu erzielen, die dem Profil bei Nierengesunden nahekommen. Dazu gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten, von denen meist eine der ersten beiden zum Einsatz kommt:
Die Abbildung 2 zeigt die Möglichkeiten am Beispiel von Teicoplanin. Nach erfolgter Aufsättigung (drei bis vier Tage normale Dosis) wird bei Patienten mit einer GFR unter 30 mL/min die volle Erhaltungsdosis Teicoplanin (Q0 = 0,3) nur noch alle 72 Stunden (orangefarbene Kurve) statt alle 24 Stunden verabreicht. Alternativ kann die Erhaltungsdosis bei normalem Dosierungsintervall auf ein Drittel verringert werden (lilafarbene Kurve).
Abbildung 2: Teicoplanin-Dosierung bei Nierengesunden (gestrichelte Linie) und bei CKD-Patienten (orange- und lilafarbene Linien) / Foto: PZ/Stephan Spitzer
In den meisten Fachinformationen findet man Angaben zur Dosierung bei eingeschränkter Nierenfunktion. Alternativ kann auch das »Q0-Konzept« zur Anwendung kommen (www.dosing.de). Bei Substanzen mit geringer therapeutischer Breite und renaler Elimination, zum Beispiel Aminoglykosiden, ist besondere Vorsicht gefragt. Weiterhin müssen über die Nieren ausgeschiedene aktive Metaboliten bedacht werden, zum Beispiel Morphin-6-Glucuronid. Bei Besserung der Nierenfunktion (AKI) muss die Dosis wieder nach oben korrigiert werden.
Beispiele für Substanzen, deren Dosierung zwingend an die Nierenfunktion anzupassen ist, sind Antibiotika (Beta-Lactame, Vancomycin, Makrolide, Ciprofloxacin, Gentamicin) und einige Virustatika wie (Val-)Aciclovir und (Val-)Ganciclovir. Insbesondere bei potenziell lebensbedrohlichen Indikationen gilt: Die Dosisanpassung erfolgt erst nach Aufsättigung. Aminoglykoside beispielsweise sollten besser hoch und selten dosiert werden, während die meisten Virustatika und Beta-Lactam-Antibiotika besser häufiger, aber in reduzierter Dosis gegeben werden sollten, da ihre Wirkung »zeitabhängig« ist.
Weitere Beispiele sind Arzneistoffe, deren nierenabhängige Pharmakokinetik relativ unbekannt ist. Antiepileptika mit Aminosäure-analogen Strukturen wie Pregabalin, Lamotrigin, Levetiracetam oder Gabapentin müssen bei fortgeschrittener CKD niedriger dosiert werden.
Foto: Adobe Stock/milkovasa
National Kidney Foundation, Formeln und Onlinetools zur Abschätzung der Nierenleistung: www.kidney.org
Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration, Hintergründe zur CKD und zur Abschätzung der GFR mithilfe der CKD-EPI-Formeln: www.ckdepi.org
Leitlinien zum Management von Patientinnen und Patienten mit Nierenerkrankungen: www.kdigo.org
Informationen für Betroffene von CKD: www.nierenstiftung.de
Hilfestellung zur Dosierung von Arzneimitteln bei Niereninsuffizienz, Universitätsklinikum Heidelberg: www.dosing.de
Calculator to Approximate Drug-Dosing in Dialysis. Orientierung für die Arzneimitteldosierung bei dialysepflichtigen Patienten und Patientinnen: www.thecaddy.de
Deutsche Gesellschaft für Nephrologie, Informationen und Leitlinien für Fachkreise: www.dgfn.eu