Welchen Einfluss hat die Epigenetik? |
Die Wirkung einer ganzen Reihe von Vitaminen, Fettsäuren und anderen Nahrungsbestandteilen auf den Körper wird umfassend untersucht. Auch wenn viele Effekte bisher erst unter experimentellen Bedingungen beschrieben sind, mehren sich die Hinweise, dass die Epigenetik ein Bindeglied zwischen Ernährung und Umweltbedingungen auf der einen Seite und gesundheitlichen Veränderungen auf der anderen Seite ist (4).
So dienen Vitamin B6 und 12, Folsäure sowie Cholin und Betain als Vorläufersubstanzen von S-Adenosylmethionin (SAM), das als Methyldonor an der DNA-Methylierung beteiligt ist. Polyphenole, zum Beispiel aus Grüntee-Extrakten und Epigallocatechingallat (EGCG), Flavonoide wie Quercetin, Fisetin und Flavonole sowie Resveratrol und Kaffeesäure wirken dagegen als Methylierungsinhibitoren. Isoflavonoide wie Genistein aus der Sojabohne fördern über die Aktivierung von Estrogenrezeptoren die Histonacetylierung, wohingegen für Knoblauchinhaltsstoffe wie Diallyldisulfide, S-Allylmercaptocystein und Allylmercaptan sowie für das Isothiocyanat Curcumin hemmende Effekte auf Histondeacetylasen beschrieben sind (14) (Tabelle 2).
Wirkung* | Substanzgruppe | Beispiele wirksamer Substanzen** |
---|---|---|
DNA-Methylierung verringert | Polyphenole | Grüntee-Extrakte und Epigallocatechingallat (EGCG)Flavonoide (Quercetin, Fisetin, Flavonole)Resveratrol |
DNA-Methylierung verringert | Phenolsäuren | Kaffeesäure, Chlorogensäure |
DNA-Methylierung verringert | Diarylheptanoide | Curcumin |
DNA-Methylierung gesteigert | Vitamine | Folsäure, Vitamin B6 und B12 |
DNA-Methylierung gesteigert | Vitaminoide | Cholin |
DNA-Methylierung gesteigert | Aminosäuren und -derivate | Methionin, Betain |
Histonacetylierung moduliert | Sulfide | Diallyldisulfid (DADS), S-Allylmercaptocystein, Allylmercaptan |
Histonacetylierung moduliert | Isothiocyanate | Sulforaphan |
Histonacetylierung moduliert | Isoflavonoide | Genistein |
Histonacetylierung moduliert | Polyphenole | Resveratrol |
Histonacetylierung moduliert | kurzkettige Fettsäuren (SCFA) | Butyrat, Acetat |
Histonacetylierung moduliert | endokriner Disruptor | Bisphenol A |
Die mikrobielle Darmflora beeinflusst das Epigenom vor allem durch Bildung kurzkettiger Fettsäuren wie Acetat, Butyrat und Propionat aus Ballaststoffen. / Foto: Fotolia/alex
Auch die im Darm lebenden Mikroorganismen beeinflussen über ihre Metabolite das Epigenom. Hier stehen insbesondere kurzkettige Fettsäuren (short-chain fatty acids, SCFA) wie Acetat, Butyrat und Propionat im Fokus, die im Darm durch Fermentation von Ballaststoffen gebildet werden und auf Histonacetylierung und -methylierung einwirken. Untersuchungen im Mausmodell beschreiben unterschiedliche Effekte je nach ballaststoffreicher (polysaccharidreicher) Ernährung und westlicher, polysaccharidarmer Ernährung (20).
Der Zusammenhang von Mikrobiom und Immunsystem wird ebenfalls umfassend untersucht und die Aktivierung der Immunzellen mit epigenetischen Signaturen in Verbindung gebracht. Monozyten, Makrophagen und NK-Zellen des angeborenen Immunsystems können eine Art Training durchlaufen, das zu einer verbesserten ersten schnellen Immunantwort bei Infektionen führt. Dieses Training kann beispielsweise durch ß-Glucan angetrieben werden, ein Polysaccharid, das natürlicherweise in den Zellwänden von Getreide, Hefen, Bakterien und Pilzen vorkommt. In vitro zeigten sich in verschiedenen Genclustern der Immunzellen verstärkt Histonmodifikationen (21). Inwieweit sogenannte Immunstimulanzien wie Echinacea- und Zistrosenextrakte, Vitamin C, Zink, Probiotika, verschiedene Substanzen der Phytotherapie oder Stress epigenetische Mechanismen beeinflussen, ist in der wissenschaftlichen Literatur noch umstritten (14, 15, 16).